G A S T K O M M E N T A R Kein Individualfall

■ Anerkennung von Homosexualität als Asylgrund

Fayaz S.–L. ist meines Wissens der erste Iraner, der sich öffentlich zu seinen homosexuellen Neigungen bekennt und dies als Grund seiner Flucht aus dem Iran angibt. Dazu gehört in Anbetracht der in unserem Land herrschenden Moral viel Mut. Die positive Entscheidung seines Antrags durch zwei Instanzen der Asylbehörde wurde von dem Verwaltungsrichter Korbmacher angefochten. Doch das Verwaltungsgericht lehnte den Revisionsantrag ab und entschied sich zugunsten des Flüchtlings. Das ist zu begrüßen. Aber das Gericht wies zugleich darauf hin, daß es mit diesem Urteil keinen Freibrief für homosexuelle Flüchtlinge ausstellen wolle. Der Fall sei individuell und dabei solle es bleiben. Nun ist die Brutalität, mit der Homosexuelle im Iran und in anderen islamischen Ländern behandelt werden, auch hierzulande hinlänglich bekannt. Hunderte Homosexuelle wurden bisher im Iran hingerichtet. Wie kann also der Fall Fayaz S.–L. immer noch als ein Individualfall bezeichnet werden? Die bundesrepublikanischen Behörden lehnen grundsätzlich geschlechtsspezifische Fluchtgründe ab, nicht nur bei Homosexuellen, auch bei Frauen. Frauen, die sich weigern, die täglichen Erniedrigungen zu dulden, die ein Leben in ständiger Angst vor Auspeitschungen und Steinigungen nicht mehr ertragen können, werden in der Bundesrepublik als politische Flüchtlinge nicht anerkannt. Es ist höchst verwunderlich, daß man einem Flüchtling, der wegen der Verteilung eines Flugblattes mit Gefängnisstrafe zu rechnen hat, als politisch Verfolgten anerkennt, aber den Asy deutschen Richtern zu diskutieren. Bahman Nirumand