Zimmermann bunkert für den Krieg

■ Neuer Referenten–Entwurf aus dem Hause des Innenministers: Bunker–Baupflicht und Dienstpflicht im Zivilschutz / Krankenhäuser sollen „Massenanteil von Verletzten im Verteidigungsfall“ bewältigen

Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Innenminister Zimmermann will die Republik mit einer Bunker– Bau–Pflicht und einer Dienstpflicht im Zivilschutz auf den Notstand vorbereiten. Die FDP hält dagegen daran fest, daß es zumindest den Bunker–Zwang mit ihr nicht geben werde. Ein umstrittener Gesetzentwurf, der dem Innenausschuß des Bundestages bisher vorenthalten wurde, soll nach Ostern Thema von Koalitionsgesprächen sein. Der Referenten–Entwurf, der der taz vorliegt, datiert bereits von September, wurde bisher aber strikt intern gehalten, weil er als noch nicht „ausgereift“ gilt. Derzeit durchläuft er einen Abstimmungsprozeß mit Ministerien und Ländern. Auch wenn das Vorhaben bis zur Kabinettsreife noch geändert werden dürfte, wird aus dem Paragraphenwerk die Marschroute Zimmermanns deutlich. Das bisher überwiegend suspendierte Schutzbaugesetz von 1965 soll aktualisiert wieder in Kraft gesetzt werden: Neue Wohnhäuser müssen danach mit Bunkern gebaut werden, andere Gebäude sollen zumindest einen Kriegsunterschlupf bekommen. Unter dem dezenteren Begriff „Hilfeleistungspflicht“ verbirgt sich die früher schon geforderte Zivilschutz–Dienstpflicht für alle Wehrpflichtigen bis zum 60.Lebensjahr. Sie tritt im Spannungsfall in Kraft oder wenn NATO– weit die Krise ausgerufen wird. Auch das Gesundheitswesen soll bereits zu Friedenszeiten für den Notstand vorbereitet werden: Städte und Landkreise können die Krankenhäuser verpflichten, Pläne zur „Bewältigung eines Massenanteils von Verletzten und Erkrankten im Verteidigungsfall“ aufzustellen. Damit sich keine Krankenschwester dünne machen kann, wird Arbeitsminister Blüm ermächtigt, eine Meldepflicht für nicht–berufstätige Angehörige von Gesundheitsberufen einzuführen. Das Beamtenrecht soll so geändert werden, daß zum Beispiel Lehrer „zur Dienstleistung bei einer zivilen Dienststelle der NATO verpflichtet“ werden können. Auch Ausländer, die im alten Notstandsgesetz zur „Arbeitssicherstellung“ aus dem Jahr 1968 noch nicht hinreichend bedacht worden waren, werden nun in die staatliche Zwangsarbeits–Verteilung einbezogen. Dieser Entwurf eines „Gesetzes zur Ergänzung des Katastrophenschutzgesetzes und anderer Vorschriften“ hat die Form eines Artikelgesetzes: Damit würde eine Vielzahl bestehender Regelungen, wie das bisherige Katastrophenschutzgesetz, novelliert. Dieses Vorgehen entspricht der seit dem Tschernobyl–Unfall eingeschlagenen Linie im Innenministerium, das Thema Zivilschutz von der Assoziation „Krieg“ zu befreien und die Bedeutung von der Katastrophenbewältigung zu Friedenszeiten in den Vordergrund zu stellen. Denn seit acht Jahren sind die Bemühungen für ein einheitliches neues Zivilschutzgesetz am Protest von Hilfsorganisationen und am Mißtrauen der Öffentlichkeit gescheitert. Als erste verbrannte sich die SPD–Ministerin Antje Huber mit ihrem berüchtigten „Gesundheitssicherstellungsgesetz“ die Finger. Seitdem wurden etliche Referentenentwürfe erstellt und wieder verworfen.