SPD–Frauen für Gleichstellung im Beruf

Von Ursel Sieber

Berlin (taz) - Die Frauen der SPD–Fraktion im Bundestag haben sich auf ein „Gleichstellungsgesetz“ verständigt und wollen sich damit gegen die Diskriminierung von Frauen im Berufsleben wenden. Der Gesetzentwurf ist in der Gesamt–Fraktion jedoch noch nicht diskutiert worden. Die SPD– Frauen folgen damit dem Beispiel der Grünen, deren Antidiskriminierungsgesetz allerdings alle Bereiche umfaßt, in denen Frauen benachteiligt werden. Das „Gleichstellungsgesetz“ der SPD–Frauen soll das EG–Anpassungsgesetz ablösen, das die sozialliberale Koalition im Jahre 1980 verabschiedet hatte, und von vielen Kritikerinnen als Ausdruck der Ingnoranz der sozialliberalen Regierung gegenüber der Diskriminierung von Frauen bewertet worden ist. Das EG–Anpassungsgesetz ist das kürzeste Gesetz in der EG; es enthält keine genauere Beschreibung der Diskriminierungstatbestände und keinerlei Sanktionen für die Arbeitgeber. So werden heute noch immer 54,8 Prozent aller Stellen nur für Männer ausgeschrieben, weil das EG– Anpassungsgesetz nur eine Soll– Bestimmung vorsieht. Die SPD– Frauen wollen das nun alles besser machen. Am Anfang des Gesetzentwurfs steht eine „Generalklausel“, die das „subjektive Recht der Frauen auf tatsächliche Gleichstellung, insbesondere im Berufsleben stärken soll: „Frauen und Männer sind gleichzustellen. Bestehende Ungleichheiten, die die Chancen der Frauen beeinträchtigen, sind auszugleichen“. Dann wird ein umfassendes „Benachteiligungsverbot“ festgeschrieben: Bei einer arbeitsrechtlichen Vereinbarung, bei beruflichem Aufstieg oder bei einer Kündigung dürfe niemand wegen des Geschlechts benachteiligt werden, „auch nicht unter Bezugnahme auf den Ehe– und Familienstand“. Sexuelle Belästigung von Arbeitnehmerinnen seien „eine Benachteiligung wegen des Geschlechts“. Die Unternehmen werden verpflichtet, „die Ordnung des Be triebes so zu regeln, daß sexuelle Belästigung von Arbeitnehmerinnen unterbleiben“. Das Benachteiligunsverbot soll sich auch auf Tarifverträge beziehen: Die Tarifvertragsparteien sollen Kriterien entwickeln, die ausschließen, daß Frauen durchschnittlich sehr viel weniger verdienen als Männer. Wegen der Ta rifautonomie dürfte der Gewerkschaftsflügel der SPD–Fraktion damit ziemliche Bauchschmerzen haben. Wie die Grünen wollen auch die SPD–Frauen die Beweislast umkehren: Der Arbeitgeber muß nachweisen, daß eine Frau nicht wegen ihres Geschlechts diskirminiert worden ist. Verstöße gegen das Benachteiligungsverbot sollen mit einer Geldbuße bis zu 10.000 Mark geahndet, „in besonders schweren Fällen“ bis zu 100.000 Mark. Arbeitsplätze dürfen nur noch für Männer und Frauen ausgeschrieben werden. Der öffentliche Dienst wird allerdingszu Hinweisen verpflichtet, daß Bewerbungen von Frauen „besonders erwünscht sind“. Damit sind die SPD–Frauen allerdings vorsichtiger als die grünen Frauen: Laut dem grünen Antidiskriminierungsgesetz müssen sich alle Stellenausschreibungen zweimal nur an Frauen richten, wenn die 50 Prozent–Quote noch nicht erreicht ist. Während die Grünen dem öffentlichen Dienst und privaten Arbeitgebern eine Quotierung von 50 Prozent vorschreiben möchten, beschränken sich die SPD– Frauen auf den öffentlichen Dienst: der soll veepflichtet werden, „durch personalpolitische und organisatorische Maßnahmen die berufliche Chancengleichheit von Frauen aktiv und gezielt zu fördern, bis eine Unterrepräsentanz von Frauen beseitigt ist“. In allen Bereichen, in denen Frauen noch nicht die Hälfte der Arbeitsplätze haben, „sind Frauen bei gleichwertiger Qualifikation bevorzugt einzustellen“. Die Qualifikation der Bewerberinnen sei „ausschließlich an den Anforderungen der zu besetzenden Stelle oder Funktion zu messen“. Zeiten der Kinderbetreuung oder Teilzeitarbeit dürften nicht nachteilig zu Buche schlagen. Stellen zur Ausbildung und für den Vorbereitungsdienst müssen zur Hälfte an Mädchen bzw. Frauen gehen. „In begründeten Einzelfällen“ darf davon jedoch abgewichen werden - allerdings mit Zustimmung der „Gleichstellungsbeauftragten“. Im Betriebsverfassungsgesetz soll festgeschrieben werden, daß Frauen und Männer im Betriebsrat „entsprechend ihrem Anteil an den Beschäftigten vertreten sind“. Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge „sind Betriebe und Unternehmen zu bevorzugen“, die nachweisen, daß Frauen und Männer in allen Lohngruppen je zur Hälfte vertreten sind.