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Kieler Medienspektakel

■ Die Kieler Rundschau legt sich trotz Konkursverfahrens mit dem örtlichen Riesen Kieler Nachrichten an / Redakteure gegen Springer–Einfluß / Pikanterweise wird die Rundschau bei den Nachrichten gedruckt

Aus Kiel Jürgen Oetting

Wenn alles gutgegangen ist, erlebt Kiel heute ein Medienspektakel ganz besonderer Art. Die linke Wochenzeitung Kieler Rundschau (KR) erscheint mit dem Aufmacher „KN–Redakteure probten den Aufstand“, und die Monopol–Tageszeitung Kieler Nachrichten (KN) meldet „Kieler Rundschau stellt Konkursantrag“. Der auflagenschwachen Kieler Rundschau ist wieder einmal ökonomisch die Luft ausgegangen. In den vergangenen acht Monaten war versucht worden, der einst sozial–liberal ausgerichteten KR ein neues Image zu geben. Aber auch eine „rot–grüne“ KR mit Boulevard–Outfit wurde von den schleswig–holsteinischen LeserInnen nicht angenommen. Am vergangenen Mittwoch mußte daher KR–Geschäftsführer Gerd Schuhardt beim Amtsgericht Konkurs beantragen. Der Konkursverwalter Jan H. Wilhelm ordete erst einmal die Aufrechterhaltung des normalen Geschäftsbetriebes an. Die von der KR–Redaktion fertiggestellte Ausgabe sollte gesetzt, gedruckt und heute verkauft werden. Die Setzerei machte mit. Die Druckerei der KRerklärte ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Produktion, nur müsse die Finanzierung gesichert sein. Zum Zeitpunkt des Druckauftrages war bei den Kieler Nachrichten der Inhalt des KR–Aufmachers aber noch nicht bekannt. Darin wird über wachsenden Widerstand gegen den neuen KN–Chefredakteur berichtet. Nachdem das Bundeskartellamt eine Mehrheitsbeteiligung des Springer–Verlags bei den KN untersagt hatte, nahm der Medienriese auf anderem Wege Einfluß auf die Berichterstattung der größten schleswig–holsteinischen Tageszeitung. Zum Jahresbeginn wurde Wolfgang Kryszohn KN– Chefredakteur. Er war schon vorher in mehreren Führungspositionen beim Springer–Verlag, zuletzt als stellvertretender Chef bei Bild am Sonntag. Die Berichterstattung der KN wurde sensationslüstern, und recherchiert wurde nicht immer exakt. CDU–nah war sie bereits vorher. Dagegen wehrt sich nun eine große Anzahl der bieder–seriösen KN–RedakeurInnen. Das Protokoll eines konspirativen RedakteurInnen–Treffens wurde der KR zugespielt, die jetzt mit den innerredaktionellen Querelen der großen Nachbarin aufmacht. Ob das auch zu lesen sein wird, entscheidet jedoch die Geschäftsleitung der Kieler Nachrichten. Bei taz– Redaktionsschluß liefen die Rotationsmaschinen noch nicht.

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