Der Gräfin liebstes Kind: Panzer für Khomeini

■ Irangate auf hanseatisch: Gräfin Lisa von Schwerin, 71jährige Hamburger Maklerin, wurde wegen illegalen Waffenhandels zu zwei Jahren mit Bewährung verurteilt / Ihr gescheitertes Milliardending: Die Lieferung von mehr als 680 Panzern an Khomeini

Aus Hamburg Ute Scheub

Vielleicht hat manch einer der Zuschauer im Hamburger Landgericht etwas Neues gelernt: Das Grusellachen, bei dem die Lachfältchen irgendwann einfrierend erstarren. Wenn eine 71jährige Lady und Dackelliebhaberin mit Panzern für Khomeini dealt, dann steckt der Tod in der Komik, in der Absurdität dieses Szenarios. Die Hamburger Immobilienmaklerin und Gräfin Lisa Albertine Melitta Georgine von Schwerin ist gestern wegen illegalen Waffenhandels zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, daß sie drei Verträge über die Lieferung von mehr als 680 amerikanische Kampfpanzern des Typs M 48 A 5 zum Stückpreis von rund einer Million US– Dollar an den Iran abzuschließen versucht hatte. Zwei ihrer iranischen Geschäftspartner, die die Anklagebank mit ihr teilten, sprach die Kammer frei. Zum Verhängnis wurde der feinen alten Dame ihre unprofessionelle Dusseligkeit, festgehalten in ihren zahlreichen Anrufen bei internationalen Waffenmaklern. Das Bundeskriminalamt will seinerzeit einen Tip aus den USA bekommen haben - oder war es ein V–Mann unter den Geschäftspartnern der blaublütigen Lady? - und ließ, von einem Hamburger Gericht abgesegnet, die gräflichen Gespräche von April bis Mai 1984 abhören. In diesen mitgeschnittenen und im Gerichtssaal unter allgemeinem Schmunzeln abgespielten Telefonaten sprach die Maklerin zwar von „furnitures“, von Möbeln also anstatt von Panzern, aber weiter reichte ihre Fantasie zur Tarnung nicht. Welche Schrankwand, und sei sie aus Ebenholz mit Goldbeschlägen, kostet schon über zwei Millionen Mark und benötigt ein Endverbraucherzertifikat? Und dabei schärfte die Gräfin ihren Gesprächspartnern sogar noch ein, am Telefon doch bitte schön vorsichtig zu sein. Die Aussicht auf die wohl fetteste Provision ihres Lebens ließ sie aber denn doch wieder in unverkennbar deutschem Akzent aufjuchzen: „If we can conclude this business, it would be very lovely!“ Eine Gruppe von Iranern, die just während der Zeit des Prozesses aus verzweifeltem Protest gegen den Golfkrieg in einen Hungerstreik getreten war, reagierte sehr empfindlich auf diese Art eiskalten Geschäftssinns. „Mörder, Mörder“, schrien sie der Angeklagten auf ihrem morgendlichen Gang in das Strafjustizgebäude in einer Menschenkette entgegen. „Den Prozeß gegen die Gräfin halten wir nur für die Spitze des Eisbergs“, erklärte einer ihrer Vertreter. Und was die Menge der internationalen Waffenschiebereien Richtung Golfstaaten angeht, hat er sicher recht. Doch an einer öffentlichen Erkundung dieser Spitze und der darunter liegenden Schichten schien auch das Gericht kein großes Interesse zu haben. Nach Abspielung der Tonbänder wurde die Beweisaufnahme ziemlich abrupt abgeschlossen, und nur mühsam konnten sich die anwesenden Journalisten die Details des versuchten Milliardendings zusammenreimen. Noch vergleichsweise billig ging es bei einem ersten Angebot eines in St. Tropez lebenden amerikanischen Waffenhändlers an die Gräfin zu. Je 900.000 Dollar sollten die dargebotenen Panzer kosten. Im Dezember 1983 trafen sich im Hamburger Nobelhotel Atlantik auf Initiative der Schwerin die Unterhändler mit einer Delegation aus der iranischen Botschaft in Bonn. Doch das Geschäft scheiterte unter anderem daran, daß die Iraner die in den USA ste henden Panzer nicht hätten inspizieren können. Auch über ein Nachfolgegeschäft in Madrid konnten sich die Herrschaften letztlich - zum Glück - nicht einigen. Im zweiten angeklagten Fall ging es bereits um 400 Panzer zum Stückpreis von 1,4 Millionen Dollar, die in England stehen sollten. Diesmal reiste die passionierte Maklerin nach London und Zürich, um gewisse Herren, deren Namen im Prozeß nicht weiter genannt wurden, miteinander bekannt zu machen und in ihrem Namen ein Angebots–Telex nach Teheran zu schicken. Das war im Feburar 1984. Der dritte Fall im Mai 1984 schließlich erschloß sich den Strafermittlern durch die abgehörten Telefonate. 1,34 Millionen Dollar pro Stück sollten die diesmal in Israel stehenden „furnitures“ kosten, erfuhr die Gräfin von ihrem kalifornischen Geschäftsfreund, dem Makler und ehemaligen Boxmanager Leevone Morehead, den Interpol nun als Zeugen zu diesem Prozeß nicht mehr ausfindig machen konnte. „Its too expensive“, jammerte die Gräfin eins ums andere Mal in den Hörer, aber zu teuer waren ihr nicht nur die Panzer, sondern auch das Zimmer im Interconti, in dem der Amerikaner übernachten wollte. Schließlich einigte man sich auf ein kleineres Hotel und ein Treffen am 14. Mai. Zwei Tage nach jenem Termin, bei dem sich Makler Morehead nicht mit den beiden nunmehr mitangeklagten Iranern einigen konnte, ließ das Bundeskriminalamt den Deal mit der Verhaftung der Beteiligten platzen. trotzdem meine ich, eine kurzmeldung darüber hätte es auch getan, d. s–in