„Flächenstillegung ist Enteignung“

■ Grüne aus Bundestag und Landesparlamenten gegen das Flächenstillegungsprogramm der EG und der Bundesregierung: Vorteile nur für Agrarindustrie / Vier Fünftel der Betriebe sind bedroht

Von Klaus–Peter Klingelschmitt

Wiesbaden (taz) - Im Rahmen einer Pressekonferenz im hessischen Landtag nahmen gestern grüne Mandatsträger aus dem Bundestag und aus den Landtagen von Hessen, Bayern und Niedersachsen gegen die von der EG und der Bundesregierung propagierten Flächenstillegungen in der europäischen Landwirtschaft Stellung. Für den bayerischen Bundestagsabgeordneten der Grünen, Hias Kreuzeder, kommt dieses Programm für die kleinen und mittleren Landwirte einer „kalten Enteignung von Grund und Boden“ gleich, denn die auf fünf Jahre befristete Flächenstillegung sei - aufgrund der „grauenhaften ökonomischen Struktur“ vieler Höfe - vielfach der „letzte Rettungsanker vor dem Ruin“. Die hessische Landtagsabgeordnete Irene Soltwedel erklärte, daß alle bisherigen Erfahrungen mit dem Stillegungsprogramm gezeigt hätten, daß nur die Agrarindustrie von diesem Pro gramm profitiere. Soltwedel: „Wenn die derzeitige Agrarpolitik nicht geändert wird, werden vier Fünftel der heute noch in Hessen vorhandenen bäuerlichen Betriebe im Jahre 2018 nicht mehr vorhanden sein.“ Die Zeche habe dann auch und gerade der Verbraucher zu zahlen, dem aufgrund der dann rein industriellen Agrarstruktur ein „düsteres Schicksal“ bevorstehe. Irene Soldwedel richte schwere Vorwürfe an die amtierende hessische CDU– Landwirtschaftsministerin Reichhardt: „Frau Reichhardt - beraten durch den Altherrenclub des Bauernverbandes und der Chemieindustrie - zeigt nicht die geringste Bereitschaft, für die Interessen der Landwirtschaft, der Natur und der Verbraucher tätig zu werden.“ Auch Kreuzeder hält den Bauernverband für den „Totengräber der Landwirtschaft“. Doch gerade in Bayern wehe dem Verband und der CSU der Wind ins Gesicht: „In Bayern knallts“, meinte Kreuzeder, der auf seinen Veranstaltungen im CSU–Land einen „unglaublichen Zulauf des Landvolkes“ registriert. Den Grünen schwebt das „Modell Dänemark“ vor. Das nördlichste Land der EG hat sich aus dem Flächenstillegungsprogramm ausgeklinKt und betreibt eine Ökologisierung seiner Landwirtschaft. Rund zehn Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche sollen demnächst biologisch– dynamisch bewirtschaftet werden, mit finanzieller Unterstützung der Regierung in Kopenhagen. Kreuzeders Fazit: „Nur so können die kleinen und mittleren Höfe und eine mittelständische Produktverarbeitungswirtschaft erhalten werden.“