Jitzhak Rabin sucht nach Terroristen

■ Nach dem Tod eines israelischen Soldaten in Bethlehem wird der Ruf nach schärferer Aufstandsbekämpfung lauter 200 Palästinenser bei der Fahndung festgenommen / Heckenschütze blieb unentdeckt / Palästinenser glauben an Einzelereignis

Aus Tel Aviv Amos Wollin

„Laßt uns hoffen, daß dies eine Ausnahme war, die sich nicht wiederholt.“ Mit diesen Worten hat der israelische Verteidigungsminister Jitzhak Rabin am Sonntag auf die Erschießung des Soldaten Mosche Katz in der Westbank am gleichen Tag reagiert. Rabin machte „extreme Elemente“ in „terroristischen Organisationen der Palästinenser“, die der „sogenannten zivilen Gewalt terroristische Elemente hinzufügen wollten“, für die Tat verantwortlich. Gleichzeitig drohte er ein härteres Vorgehen der Armee an, falls die Palästinenser in den besetzten Gebieten nun statt Steinen Schußwaffen benutzen würden. In rechtsgerichteten Kreisen wurde erneut die Forderung nach vermehrten Ausweisungen von Palästinensern erhoben. Politische Beobachter unter den Palästinensern Ostjerusalems glaubten am Montag eher an einen Einzelfall als an eine neue Phase des bewaffneten Kampfes. Nicht die Palästinenser, sondern die Israelis hätten eine härtere Linie ein geschlagen, meinte ein Gesprächspartner. Im Falle einer Gewaltspirale behielte das gut ausgerüstete israelische Militär allemal die Oberhand. Daher sei es unwahrscheinlich, daß die Palästinenser zu bewaffneten Aktionen greifen und ihrem Gegner damit Vorteile verschafften. Bei den Spekulationen über die Hintergründe der Erschießung des Soldaten gerät leicht in Vergessenheit, daß auch vor dem Palästinenser–Aufstand gelegentlich Israelis in den besetzten Gebieten getötet oder verletzt wur den. Das Neue am Vorfall von Sonntag ist daher zunächst, daß es seit Beginn des Aufstands vor über drei Monaten der erste derartige Zwischenfall ist. In der israelischen Presse wurde breit über den Tod des Soldaten berichtet. Der 28jährige Feldwebel Katz aus Haifa leistete seinen Reservistendienst in Ramallah ab, als er beim Wacheschieben vor einer örtlichen, für Inneres zuständigen Abteilung der Besatzungsbehörden getötet wurde. Der Todesschütze konnte unerkannt entkommen. In Bethlehem und Umgebung wurden nach der Tat 200 Menschen festgenommen. Bereits vor dem Tod des Soldaten hatte die Armee eine Serie schärferer Maßnahmen gegen die Palästinenser angekündigt (vgl. taz vom 21.3.). Als Teil dieser Strategie wurden am Sonntag drei Häuser in Silat al Kharitian auf der Westbank von der israelischen Armee zerstört. Inhaftierten Angehörigen der betroffenen Familien wird vorgeworfen, Molotowcocktails geworfen zu haben. Auch im den Dorf Obeida bei Bethlehem wurden zwei Häuser zerstört. Den beiden Söhne der Familien wird vorgeworfen, Kollaborateure bedroht zu haben. In den besetzten Gebieten lag am Montag erneut das öffentliche Leben wegen eines Generalstreiks lahm, der anläßlich des 20. Jahrestages der Schlacht von Karameh begangen wurde. In einem Flugblatt appellierte die palästinensische Aufstandsführung an alle von Israel eingesetzten Stadträte und öffentliche Bedienstete, bis zum kommenden Sonntag ihre Kündigung einzureichen. In Raffa im Gaza–Streifen wurde am Montag ein Palästinenser von israelischen Soldaten bei einer Demonstration erschossen.