Macho–Politik

■ Der Überfall auf das Berliner Kino „Eiszeit“

Die Darstellung von Gewalt, auch sexueller Gewalt an Frauen, muß in der Kunst vorkommen dürfen. Das kann beruhigen, irritieren, schmerzhaft sein. Bilder sprechen eine andere Sprache als Artikel und Analysen, und das ist gut so. Kunst und Öffentlichkeit gehören zusammen. Immer noch geht es darum: Welche Inhalte werden mit welchen ästhetischen Mitteln transportiert? Sexismus ist nicht das Zeigen einer Vergewaltigung; sexistisch ist es, wenn subtil oder offensichtlich Aussagen entstehen wie: Alle Frauen mögen Vergewaltigungen. Auch die MacherInnen der alternativen Programmkinos müssen sich die Frage gefallen lassen, warum sie bestimmte Filme in ihr Programm aufnehmen. Die routinierte - auch von taz–Filmkritikern gegebene - Antwort, der Staatsanwalt sei dagegen, deshalb seien wir dafür, reicht nicht aus. Bei dem Überfall auf das Berliner Off–Kino „Eiszeit“ geht es jedoch nicht um die Qualitäten von „Fingered“. Die Auseinandersetzung um Sexismus und Pornographie wird durch solche Aktionen kein Stück vorangebracht. Was sich im „Eiszeit“ abspielte, ist übelste Macho–Politik, egal, wieviele Frauen sich daran beteiligen. Maskiert und in Wildwest–Manier einzureiten, den Projektor zu beschädigen und Geld mitgehen zu lassen, das ist von einer ganz anderen Qualität als eine spontane Störaktion, mit der eine Diskussion erzwungen werden soll. Es ist Politik nach dem Motto: Wer den effektivsten Trupp zusammenstellt, der hat das Sagen. Es ist Faustrecht, das sich gegen Frauen richtet, und wenn zigmal der Spruch „Kampf dem Sexismus“ an die Wände gesprüht wird. Helga Lukoschat