Schockstrafe gefordert

■ Münchner Staatsanwaltschaft will Signal setzen / Zwölf Jahre Knast und acht Jahre Jugendstrafe gegen Strommastsäger sollen Jugendstreiche eindämmen

München (taz) - Im Strommasten–Prozeß gegen drei Jugendliche aus dem Raum Starnberg forderte gestern Staatsanwalt Kaiser für den Angeklagten Rudolf G. (25) zwölf Jahre Haft ohne Bewährung. Rudolf G. hat nach Ansicht der Staatsanwaltschaft in skrupelloser Weise Menschenleben aufs Spiel gesetzt. Kaiser beschrieb ein „tödliches Restrisiko“, das der Angeklagte bei der Zugblockade der S–Bahn in Starnberg in Kauf genommen habe. Unter generalpräventiven Gesichtspunkten zur Abschreckung von Nachahmungstätern hielt er „eine spürbare Strafe“ für angebracht. Abgeschreckt werden sollten seiner Meinung nach Jugendliche, die Telefonzellen demolieren oder „Schmierereien“ an Bahnhofswänden und S–Bahnzügen anbringen. „Es muß ein Si gnal gesetzt werden, daß höchst gemeinschädliche Taten von der Gesellschaft nicht hingenommen werden“. Anstelle des Terrorismusvorwurfs tauchte in seinem Plädoyer die „pure Zerstörungslust“ und „Vandalismus“ auf. Gleichzeitig hob er jedoch immer wieder hervor, daß mit den Taten - drei umgesägten Strommasten, der Explosion in der Tutzinger Computerfirma und der Zugblockade - der Anschein einer politischen Motivation erweckt, die Bevölkerung verunsichert werden sollte. Für den schwerwiegendsten Vorwurf, Mordversuch, abgeleitet aus der S–Bahn Blockierung in Starnberg, forderte er eine Einzelstrafe von sechs Jahren. Die beiden Freunde, Rudolf G. und Mathias Z., seien durch häufigen Alkoholgenuß zwar in ihrer „Steuerungsfähigkeit“ eingeschränkt gewesen, nicht jedoch in ihrer „Einsichtsfähigkeit“. Für die 23jährige Steuergehilfin Daniela N., die das Männerduo bei ihren zwei Strommastenaktionen begleitete, forderte Kaiser wegen Beihilfe ein Jahr und acht Monate Haft. Da Mathias Z. zur Tatzeit 19 1/2 Jahre alt war, gilt für ihn noch Jugendstrafrecht. Staatsanwalt Hans Veigl plädierte zwar wegen Reifeverzögerung auf Jugendstrafe, setzte diese jedoch wegen „schädlicher Neigungen“ und „Schwere der Schuld“ mit acht Jahren sehr hoch an. Er sprach von einer „Verwahrlosung ohnegleichen“, bezeichnete Mathias als „destruktiven Chaoten“ und drohte ihm mit Sicherungsverwahrung bei weiteren Straftaten. Heute plädieren die Verteidiger. Das Urteil soll am 31. April gesprochen werden.