Mit der Fertigungstiefe auf Du und Du
: "Just–in–time"–Fieber

■ Die Eigenproduktion der Autobauer sankt auf 39,5 Prozent

Zwischen 1980 und 1986 verringerten die bundesdeutschen Automobilhersteller ihre „Fertigungstiefe“ - den Anteil ihrer Eigenproduktion im Verhältnis zum Ankauf von Teilen - durchschnittlich um 3,5 Prozent auf nur noch 39,5 Prozent. Das förderte ein vom nordrhein–westfälischen Arbeitsministerium finanziertes Forschungsprojekt über Logistikkonzepte in der Automobilindustrie zutage. Danach haben Opel und VW mit 5,5 Prozent (auf insgesamt 32,8) den kräftigsten, Daimer–Benz mit 0,4 Prozent (auf insgesamt 49,2) den geringsten Zuwachs beim Zulieferanteil. Das Vorbild dafür liefern japanische Branchenführer, die nur noch 25 bis 30 Prozent der Teile selbst herstellen. Möglich geworden ist die zunehmende Abspaltung von Fertigungsprozessen insbesondere durch die computergestützte Steuerung des Produktions– und Materialflusses. Mit Hilfe sogenannter Just–In–Time (JIT)–Logistiken geben Rechner präzise vor, welcher Gegenstand wann und in welcher Ausführung bei der Montage benötigt wird - die Zulieferbetriebe haben sich präzise darauf einzustellen; viele sind bereits zu „verlängerten Werkbänken“ geworden. Die neue Generation der JIT–Systeme gibt gar den gesamten Produktionsprozess minutiös vor: Von der Beschaffung der Rohstoffe bis zur Fertigstellung des Autos - das erspart hohe Kosten nicht nur für Teilbereiche, sondern für die gesamte Lagerhaltung. Nach Angaben der Berliner „Forschungsgemeinschaft für Außenwirtschaft, Struktur– und Technologiepolitik“ spalten derzeit alle bundesdeutschen Automobilhersteller Fertigungsprozesse ab. So hat Opel seine Polsterei und Näherei von Rüsselsheim nach Spanien verlegt, und bei VW wurde im Zusammenhang mit der Verlagerung der Polo–Produktion nach Spanien zu SEAT ebenfalls eine Verringerung der Fertigungstiefe im Wolfsburger Werk erwogen. So werden auch die wirtschaftlichen Risiken auf Zuliefererbetriebe abgewälzt. Außerdem sind dort die Lohnkosten niedriger. Die Logistikforscher sehen Folgen für den Arbeitsmarkt: „Es lassen sich sehr wohl Szenarien denken, in denen integrierte Automobilwerke, wie etwa VW–Wolfsburg, der Vergangenheit angehören. Die größeren Automobilzulieferer werden durch diese Entwicklung einem ständigen Preisdruck ausgesetzt und zu weitreichenden Optimierungen ihrer eigenen Fertigungsprozesse gezwungen.“ Insgesamt umfaßt die Zulieferindustrie rund 800.000 Arbeitsplätze. Allein die drei großen Autofirmen Daimler, VW und BMW entscheiden mit ihren Aufträgen über insgesamt 57,1 Milliarden Mark und damit über den Geschäftsverlauf von 50.200 Firmen der Zulieferindustrie mit rund 380.000 Arbeitsplätzen. tw