I N T E R V I E W Südafrika macht Drohung wahr

■ taz–Redakteur Michael Fischer sprach mit Toni Seedat, ANC–Vertreter in Bonn

taz: Am Dienstag ist die ANC–Vertreterin in Frankreich, Dulcie September, in ihrem Pariser Büro ermordet worden, am Tag zuvor wurde eine starke Bombe vor dem ANC–Büro in Brüssel entschärft. Ist dies ein Versuch, die ANC–Zentralen in Westeuropa auszuschalten? Toni: Der südafrikanische Verteidigungsminister hat vor ein paar Wochen öffentlich gedroht, den ANC auch außerhalb Südafrikas anzugreifen. In Botswana wurden am Montag vier Leute bei einem Angriff südafrikanischer Kommandos auf eine angebliche ANC–Zentrale umgebracht. In London gab es letztes Jahr den Versuch, ANC–Mitglieder zu entführen. Indem die westeuropäischen Länder all dies dulden, unterstützen sie die Südafrikaner bei ihren Aktionen. Gerade in der Bundesrepublik hat das Apartheid–Regime sehr gute Freunde, die ihm und den Banditen in Angola und Mosambik helfen. Indem die westlichen Länder zwar verbal protestieren, aber nichts unternehmen, schaffen sie ein Klima, das es dem Regime erlaubt, selbst hier in Europa unsere Leute umzubringen. Wer führt deiner Meinung nach die Anschläge durch? Da Malan uns gedroht hat, müssen wir annehmen, daß südafrikanische Geheimdienstagenten dahinter stecken oder Freunde Südafrikas. Angeblich hatte Frau September erst vor wenigen Tagen das französische Innenministerium darüber informiert, daß sie verfolgt werde und vermehrt Morddrohungen erhalten habe. Damals in London hatte die britische Polizei auch den Versuch gedeckt, ANC–Mitglieder zu entführen, weil der britische Geheimdienst darin verwickelt war. Was ist der Hintergrund für die Anschläge? Das Apartheid–Regime ist verzweifelt. Es befindet sich in der Krise. Trotz immenser Anstrengungen ist es ihnen nicht gelungen, den ANC im Südafrika zu zerstören. Im Gegenteil: unser bewaffneter Kampf ist stärker geworden. Auch die Offensive in Angola ist fehlgeschlagen. Jetzt müssen sie vielleicht den weißen Südafrikanern beweisen, daß sie noch in der Lage sind, gegen uns vorzugehen. Habt ihr Angst, daß jetzt auf euch so ein Anschlag verübt wird? (zögernd) Angst nicht, aber sorgen tun wir uns schon. Was sind eure Aufgaben? Wir arbeiten praktisch wie eine Botschaft. Wir informieren über Politik und Praktiken des Apartheidregimes, halten Kontakte zur Regierung, zu Parteien, Gewerkschaften und Kirchen und versuchen, Leute dafür zu gewinnen, gegen die Apartheid zu arbeiten. Vielen Dank, Toni.