Stimme der Solidarität gegen US–Kampagne

■ Anti–Aufruhr–Einheit zerschlägt in Panama–City Demonstration des oppositionellen Bürgerkreuzzuges / „Noriega soll gehen“, skandierten die Demonstranten / 20 Führer der Protestbewegung festgenommen / Solidaritätskongreß wehrt sich gegen Sanktionspolitik der USA

Aus Panama Ralf Leonhard

„Noriega soll gehen“ und „Nieder mit dem Ananas–Gesicht“, schrieen die rund 3.000 Demonstranten immer wieder, die am Montag nachmittag weiße Fähnchen schwenkend durch die Innenstadt von Panama–City zogen. Der oppositionelle Bürgerkreuzzug, der seit acht Tagen das gesamte Wirtschaftsleben durch einen Unternehmerstreik lähmt, hatte zu einer Demonstration gegen Armeechef Noriega aufgerufen. Plötzlich bricht Panik aus. Die Demonstranten rennen, stoßen sich und schreien. Wie ein Mammut taucht ein riesiger Wasserwerfer - wie zum Hohn mit einem grinsenden Schlumpf dekoriert - auf und versprüht eine klebrige Flüssigkeit, die fürchterlichen Juckreiz erzeugt. Dahinter Soldaten der Anti–Aufruhr–Einheit Doberman, dumpfe Schüsse. Die enge Straße füllt sich mit Tränengas. Demonstranten, Passanten und Reporter husten, schützen ihre Augen, drücken einander gegen die Auslagen der geschlossenen Geschäfte, flüchten in Haus eingänge. Augenblicke später ist die Straße menschenleer. Schuhe, Sonnenbrillen, Kopfbedeckungen, Fähnchen liegen in der weißlichen Flüssigkeit auf der Straße. Eine Frau sitzt wimmernd auf einem Treppenaufgang. Blut tropft von ihrem Fußknöchel. Soldaten halten ein Taxi an und helfen ihr hinein. „Versteht ihr jetzt, warum wir diese Regierung loswerden wollen?“ Eine junge Frau mit aufgelöstem Haar und verwischtem Make–up ist den Tränen nahe. Nach Auflösung der Demonstration stürmten bewaffnete Si cherheitskräfte in Uniform und Zivil das Hotel Marriot. Dort nahmen sie 20 Führer des Bürgerkreuzzuges, unter ihnen dessen Vorsitzenden, Aurelio Barria, und 14 ausländische Journalisten fest. Ein Offizier erklärte, man habe das Operationszentrum des Bürgerkreuzzugs neutralisieren wollen. Die Presseleute wurden - im Gegensatz zu den Oppositionspolitikern - nach zwei Stunden wieder freigelassen. Zur gleichen Zeit tagte im eleganten Konferenzzentrum Atlapa ein Solidaritätskongreß, den die Parteien der Regierungskoalition einberufen hatten. Delegierte aus Zentralamerika, Südamerika und der Karibik, mehrheitlich Mitglieder linker Parteien oder Bewegungen, hatten sich eingefunden, um die Interventionspolitik der USA gegen Panama zurückzuweisen. Darunter Kenrick Radix von der Karibikinsel Grenada, einer der wenigen Überlebenden aus dem Kreis um den 1983 vor der US–Invasion ermordeten Maurice Bishop. Präsident Manuel Solis Palma, der den Kongreß eröffnete, versprach eine „Rückbesinnung auf die Politik Omar Torrijos“. Die Delegierten forderte er auf, bei ihrer Rückkehr in den einzelnen Ländern Unterstützungskomitees für Panama zu gründen: „Die Stimme der Solidarität soll sich gegen die Desinformationskampagne der USA erheben“.