Däm(m)lich

■ Nach jedem Hochwasser sind die Dämme zu niedrig

Kein Zweifel, auch vor hundert Jahren wären Rhein, Donau und die Feuerwehr unter diesen klimatischen Bedingungen aus ihrem Bett gestiegen. Die Frage ist, wo und in welchem Ausmaß. In jedem Jahr fanden die Wassermassen ihren Weg zuerst in ausgedehnte Flußauen und Nebenarme. Erst dann waren die Keller Straubinger Bürgerhäuser dran. Eindeichungen, um die Flußauen ganzjährig landwirtschaftlich nutzen zu können, Begradigungen der Flußläufe und Stillegung „nutzloser“ Nebenarme zum Nutzen der Binnenschiffahrt, dazu Umweltbelastungen, die den „Wasserspeicher Wald“ dezimierten, haben diese Reihenfolge umgekehrt. Die Korsettstangen der Zivilisation machten die Flüsse kürzer, die Flutwellen höher und die Strömung reißender. Heute rächen sich die Flüsse. Der technokratische Ruf nach stärkeren Korsettstangen läßt - wie nach jeder Hochwasserkatastrophe - nicht auf sich warten: Höhere Dämme werden verlangt, am besten von der Quelle bis zur Mündung ein einziges riesiges Ab– Fluß–Rohr. Mit einigen bei Niedrigwasser aufklappbaren Aussparungen für die Touristen. Rhein, Main und Donau als Fortsetzung des Rhein–Main–Donau–Kanals mit anderen Mitteln. Wer heute nicht müde wird, ökologisches Bewußtsein zu beschwören, muß etwas ganz anderes fordern: Wiederbelebung der Altarme, Öffnung der Auen. Befreit die Flüsse von ihrem Korsett. Was haben wir getan, daß uns der Herrgott so gestraft hat?“ zitieren die Agenturen einen der evakuierten Bürger. Ganz so als wären die Wassermassen die gerechte Strafe für Gauweilers Aids–Katalog. Wenn schon Strafe, dann für die ökologischen Sünden der Politik und für Ignoranz und Fatalismus der Bürger. „Mein Auto fährt auch ohne Wald.“ Richtig! Aber: Mein Fluß fließt nicht ohne Wald. Zumindest nicht so gemütlich wie annodunnemal. Gerd Rosenkranz