Die Schwarze Nation

■ Martin Luther King in Bonn / by Malcolm X

Revolution ist blutig, Revolution ist feindselig, Revolution kennt keine Kompromisse, Revolution reißt alles nieder und zerstört, was sich ihr in den Weg stellt. Und ihr, ihr sitzt rum wie die Bekloppten und sagt: „Ich will diese Leute gern haben, ganz gleich, wie sehr sie mich hassen.“ Nein, ihr habt die Revolution nicht nötig! Wer hat je von einer Revolution gehört, in der man Händchen hält und singt „We shall overcome“. So was macht man einfach nicht in einer Revolution. Da ist man viel zu sehr eingespannt, da denkt man nicht mal dran zu singen. Eine Revolution, die hat Land als Grundlage. Ein Revolutionär will Land, um eine Nation bilden zu können, eine unabhängige Nation. Diese Neger wollen keine Nation - sie kriechen lieber auf die Plantagen zurück. Wenn ihr eine eigene Nation sein wollt, dann wird das Nationalismus genannt. Als der weiße Mann in diesem Land Revolution gegen England machte, warum machte er das? Er wollte dieses Land haben, um eine neue weiße Nation zu gründen. Das ist weißer Nationalismus. Die Amerikanische Revolution war weißer Nationalismus. Die Russische Revolution - ja, auch das war weißer Nationalismus. Meint ihr nicht? Warum glaubt ihr, daß Mao und Chruschtschow sich nicht vertragen? Weißer Nationalismus. Alle Revolutionen, die heute in Asien und Afrika stattfinden, worauf bauen sie sich auf? Schwarzer Nationalismus! Ein Revolutionär ist ein schwarzer Nationalist, er will eine Nation haben. Wenn ihr Angst vor dem schwarzen Nationalismus hat, dann habt ihr Angst vor der Revolution. Und wenn ihr für die Revolution seid, dann seid ihr auch für den schwarzen Nationalismus. Um das zu verstehen, müßt ihr euch in die Zeit der Sklaverei zurückversetzen. Damals gab es zwei Arten von Sklaven: die Hausneger und die Feldneger. Der Hausneger lebte im Hause des Herrn, er war relativ gut gekleidet, er aß gut, denn er aß dasselbe wie sein Herr - nämlich die Reste von dessen Mahlzeit. Er wohnte in der Mansarde oder im Keller, aber immerhin im Hause des Herrn. Und er liebte seinen Herrn mehr, als der sich selbst liebte. Er hätte sein Leben hingegeben, um das Haus des Herrn zu retten - weitaus bereitwilliger als dieser es getan hätte. Wenn der Herr sagte: „Wir haben ein schönes Haus“, dann sagte der Hausneger: „Ja, wir haben ein schönes Haus.“ So oft der Herr sagte „wir“,sagte auch der Neger „wir“. So war der Hausneger. Wenn das Haus Feuer fing, dann bemühte sich der Hausneger nach Kräften, es zu löschen. Er strengte sich dabei mehr an, als der Herr selbst. Wenn der Herr erkrankte, sagte der Hausneger: „Was ist los, Boß? Sind wir krank?“ Wir sind krank! Er identifizierte sich vollständig mit seinem Herrn, mehr als dieser je mit ihm. Und wenn einer zum Hausneger kam und sagte: „Komm, hauen wir ab! Laß uns fliehen! Gehen wir weg von hier!“, dann schaute der Hausneger ihn an und sagte: „Mensch, du spinnst wohl? Was willst du weggehen? Wo gibts denn ein besseres Haus als dieses? Wo kriege ich schönere Kleider? Wo gibt man mir was Besseres zu essen als hier?“ So waren die Hausneger. Damals nannte man sie „Hausnigger“. Und so nennen wir sie heute noch, denn es laufen immer noch solche Hausnigger rum. Der Hausneger von heute liebt immer noch seinen Herrn. Er möchte in seiner Nähe wohnen. Er zahlt dreimal so viel, wie das Haus wert ist, nur um in der Nähe seines Herrn zu wohnen. Und dann brüstet er sich: „Ich bin der einzige Neger hier.“ - „Ich habe als einziger so einen Job.“ - „Ich bin der einzige in dieser Schule.“ Ihr alle seid solche Hausneger. Und wenn jemand zu euch käme und sagte: „Laßt uns abhauen“, dann antwortet ihr wie der Hausneger auf den Plantagen. „Was meinst du damit, abhauen? Weg von Amerika, von diesem guten weißen Mann? Wo willst du einen besseren Job finden als hier?“ Ich glaube, ihr sagt: „Ich habe in Afrika doch nichts zurückgelassen“, das sagt ihr. Dabei habt ihr euren Kopf in Afrika zurückgelassen. Auf derselben Plantage gab es auch Feldneger. Die Feldneger, das waren die Massen. Es gab viel mehr Neger auf dem Feld als im Haus. Den Negern auf dem Feld ging es übel. Sie kriegten nur die Reste vom Haus zu essen. Im Hause aß man die guten Teile vom Schwein, die Feldneger bekamen, was übrigblieb. Heute nennt man das Gekröse. Damals nannte man es beim Namen: Därme. Das seit ihr - Därmefresser. Und es gibt immer noch Därmefresser unter euch.