G A S T K O M M E N T A R Neuer Aids–Katalog

■ Das neue Nachdenken über den Test

Das Papier der „Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin“ ist in mancherlei Hinsicht brisant. Zum einen tritt es jenen Bonner PolitikerInnen auf die Füße, die in aller Präventionszufriedenheit suggerieren, das Aids–Problem habe man bereits im Griff. Bei diesem Schauspiel, bei dem es auch darum geht, Punkte gegen Gauweiler zu sammeln, hat es den Anschein, außerordentliche Anstrengungen seien nicht mehr notwendig, um die Ausbreitung der HIV–Infektionen gerade unter Schwulen und Fixern zu bremsen, sowie schnellstmögliche Hilfe für Infizierte und Kranke zu gewährleisten. Hier könnte das Papier Anlaß zu einer selbstkritischen Rückbesinnung auf die Brianz der Aids–Situation sein. Die Chancen verspielt die Medizinergesellschaft zum Teil jedoch wieder, wenn sie bayerische Aids–Falken und um das Wohl der Betroffenen besorgte MedizinerInnen an einen Tisch holt. In Vorschlägen für Zwangstests und Positivenregister schlägt sich eine schleichende Vergauweilerung nieder, die wesentlich gefährlicher ist als der bayerische Maßnahmenkatalog des letzten Jahres. Daß eine medizinische Gesellschaft diese Forderungen unterschreibt, ist eine neue politische Qualität. Erstaunen muß die Starrköpfigkeit der Aids–Hilfen in der ungebrochenen Ablehnung des HIV–Antikörpertests. Es mehren sich ernsthafte Anhaltspunkte, daß eine frühzeitige medizinische Betreuung und Behandlung mit AZT, dem einzig zugelassenen Medikament, bei HIV–Positiven einen Ausbruch der Krankheit deutlich verzögern kann. Spätestens, wenn sich diese Anzeichen verstärken, steht eine Neudiskussion der Testproblematik an. Sollte nämlich die Früherkennung der HIV–Infektion wirklich das Leben der Infizierten retten können, wäre es ein Gebot der Menschlichkeit, die Ausweitung dieser Tests zu befürworten. Nur für eine „Registrierung“ HIV–Positiver gibt es auch dann keinen Anlaß. Andreas Salmen