CDU–Zwist um alternative Energie

■ Eine Minderheit der Bonner Unionsfraktion verlangt in einem Gruppenantrag die Ausweitung der staatlichen Förderung von Wind– und Wasserenergie / Einrichtung eines „Sachverständigenrats für Energie“ gefordert

Aus Bonn Charlotte Wiedemann

In der Unionsfraktion läuft die Energiepolitik derzeit aus dem Ruder. Ein Drittel der Abgeordneten hat die Osterpause genutzt, um sich auf das bei den Konservativen unübliche Mittel eines „Gruppenantrags“ zu verständigen, der von der Bundesregierung eine erhebliche Ausweitung der staatlichen Förderung von Wind– und Wasser–Energie verlangt. Damit soll die Einspeisung von Strom aus dieser alternativen Energienutzung in das öffentliche Netz beschleunigt werden. Dem Vernehmen nach fordert die starke Minderheit der Unionsabgeordneten eine Investitionszulage für derartige Anlagen und ein Entgelt für diesen Strom, das dem Erzeugerpreis bei Kohlekraftwerken entspricht. Bisher bekommen die Betreiber von Wind– und Wasseranlagen nur einen unrentablen Niedrigpreis von den Versorgungsunternehmen bezahlt. Die Änderung des dabei zugrunde liegenden Energiewirtschaftsgesetzes aus der Nazi–Zeit wurde bisher von Grünen und SPD gefordert, aber wird nun offensichtlich auch von einem der Unionspolitiker ins Auge gefaßt. Nach der parlamentarischen Osterpause muß sich der Fraktionsvorstand mit diesem Zwist befassen. Der energiepolitische Sprecher, Ludwig Gerstein, der zu den Gegnern des Gruppenantrags gehört, sagte gestern, man müsse sehen, was von dem Antrag „vernünftigerweise“ zu verwirklichen sei. Jedenfalls dürften für Wind– und Wasser–Energie keine „Sondertatbestände“ geschaffen werden. Energieversorgung sei Wirtschaftspolitik und dürfe nicht zu einer „Unterabteilung des Umweltschutzes“ werden. Ohne die Kritik an einzelnen Ministerien zu konkretisieren, beklagte Gerstein einen zu geringeren Stellenwert der Energiepolitik und forderte die gesetzliche Einrichtung eines „Sachverständigenrats für Energie“ sowie die Umwandlung einer der Kernforschungsanlagen in ein umfassenderes Energie–Großforschungsinstitut Gerstein: „Der Hochtemperaturreaktor ist entwickelt; dafür brauchen wir Jülich nicht mehr.“ Für seine Vorschläge habe er zwar bisher keinen Beschluß des Fraktionsvorstands im Rücken, aber eine „positive Grundeinstellung“ dieses Gremiums dazu. Die Akzeptanz der Kernenergie sei durch die Vorfälle bei NUKEM/Transnuklear gesunken, und neue Energieträger würden in ihrer Realisierungschance überbewertet, meinte Gerstein. Die personelle Zusammensetzung eines „unabhängigen“ Sachverständigenrats dürfte, so räumte der CDU–Mann ein, „das schwierigste Problem sein“.