Westbank–Siedler fordern härtere Maßnahmen

■ Israelische Jugendliche und zwei Palästinenser in der Westbank getötet / Warnung vor Vergeltungsaktionen durch Siedlerbewegung / 15 Palästinenser wurden festgenommen / Shultz unterrichtet israelische Regierung über Gespräche in arabischen Hauptstädten

Aus Tel Aviv Amos Wollin

Die jüdischen Siedler in den besetzten Gebieten haben nach dem Tod eines 15jährigen Mädchens schärfere Maßnahmen gegenüber protestierenden Palästinensern sowie den Bau neuer Siedlungen gefordert. In der Nacht zum Donnerstag demonstrierten Siedler vor den Häusern von Verteidigungsminister Rabin und Außenminister Peres und verlangten, daß die Bemühungen um eine friedliche Lösung des Konflikts, wie sie US–Außenminister Shultz derzeit betreibt, abgebrochen werden. Das durch Steinwürfe getötete Mädchen ist das erste „zivile“ Op fer auf israelischer Seite seit Beginn des palästinensischen Aufstands am 8. Dezember. Zu dem schweren Zwischenfall kam es, als eine Gruppe israelischer Jugendlicher aus der Siedlung Elon Moreh mit einer bewaffneten Eskorte durch das palästinensische Dorf Beita in der Westbank zog. Dies wurde von den Palästinensern als Provokation empfunden, da das Militär die Ortschaft zuvor für Israelis zum gesperrten Gebiet erklärt hatte. Die Eskorte der SchülerInnen eröffnete das Feuer auf palästinensische Demonstranten, wobei zwei Jugendliche erschossen wurden. Bei anschließenden Auseinandersetzungen, in deren Verlauf die Palä stinenser die Gruppe von Israelis mit Steinen bewarfen, wurde die 15jährige getötet und ein Dutzend andere meist leicht verletzt. Die Tour der Jugendlichen aus der Siedlung war nicht mit dem Militär koordiniert worden. Israelische Politiker bezeichneten den Vorfall als „sehr ernst“. Generalstabschef Shomron warnte die Siedler vor Vergeltungsaktionen. Über Beida wurde eine Ausgangssperre verhängt und 15 Palästinenser festgenommen. Shomron wies darauf hin, daß zahlreiche Einwohner des Ortes jüdische Jugendliche versteckt hätten, nachdem die beiden Palästinenser erschossen worden waren, und so weiteres Blutvergie ßen verhindert hätten. Keiner der Palästinenser habe während der Auseinandersetzungen Waffen benutzt. Während aufgebrachte Siedler gegen Rabin und Peres demonstrierten, appellierte US–Außenminister George Shultz erneut an die Öffentlichkeit, seinen Friedensplan zu unterstützen. Shultz hatte zuvor Amman, Damaskus und Kairo aufgesucht. Mittlerweile ist er nach Riad weitergereist. Bislang konnte Shultz für einen Plan, der eine internationale Eröffnungsrunde für bilaterale Verhandlungen und eine begrenzte Selbstverwaltung für die Palästinenser in den besetzten Gebieten vorsieht, noch keinen Durchbruch erzielen. In israelischen Regierungskreisen heißt es, Shultz habe nach seinen Besuchen in Amman berichtet, König Hussein von Jordanien unterstütze seine Vorschläge im wesentlichen. Er betrachte jedoch den palästinensischen Aufstand und das Bündnis von PLO–Organisationen mit islamischen Fundamentalisten mit Sorge. Der wachsende Einfluß der PLO habe Hussein veranlaßt, auf eine breite internationalen Konferenz zu instistieren. Die anderen arabischen Staaten teilen diese Haltung. Außerdem forderten sie einen israelischen Rückzug aus den besetzten Gebieten vor Beginn der Verhandlungen.