Wider die „nationale Dekadenz“

Nürnberg (taz) - Drei Dinge liegen ihm im Magen und treiben ihn immer wieder in die Öffentlichkeit: die politisch motivierten Gewalttaten, das organisierte Verbrechen und in erster Priorität die Krankheit Aids. Peter Gauweiler, Staatssekretär im bayerischen Innenministerium und Schöpfer des Bayerischen Maßnahmenkataloges, hat seinem Kreuzzug gegen die Seuche Aids eine fast schon philosophische Note angemerkt. In einem Interview der Zeitschrift Esquire erklärt er, ein „Programm zur Überwindung der nationalen Dekadenz“ sei jetzt notwendig. „Der Handlungsdruck in Richtung auf eine Interventionsstrategie“ werde mit zunehmender Durchseuchung der Bevölkerung immer größer. Dabei plagt ihn, den Liebhaber apokalyptischer Visionen, die Erkenntnis, daß jede Gesellschaft von den Seuchen geplagt wird, für deren Verbreitung sie die Voraussetzungen liefere. Meilensteine auf dem Weg ins Verhängnis sind in der Sprache des „schwarzen Peter“ die Menschenverachtung des Sex–Tourismus, die Verwahrlosung ganzer Stadtviertel zu recht– und gesetzlosen Slum–Bezirken ebenso wie die faktische Duldung öffentlicher Prostitution rauschgiftsüchtiger Minderjähriger in Europas Großstädten. Es gelte nun, gegen die Verhältnisse vorzugehen, „welche dem Aids–Virus ein ideales Biotop geboten haben“. wg