I N T E R V I E W „Den Medienzugriff überprüfen“

■ Hubertus Schön vom Bundeskartellamt über den Ausverkauf des Springer–Verlages

taz: Was halten Sie von dem Syndikat, das da angeblich Springer enteignet? Schön: Den Begriff Syndikat gibt es im Kartellrecht nicht. Er tauchte schon mal auf in Zusammengang mit sogenannten Verkaufssyndikaten. Damit haben wir uns häufiger beschäftigt, wenn sich Unternehmen zusammengetan haben, um ihre Produkte gemeinsam zu verkaufen. Das sind dann aber Kartelle. Aber auch das größte deutsche Pressehaus hat das Kartellamt schon häufiger beschäftigt? Wir haben in der Tat schon einige geplante Erwerbe von Tageszeitungen durch den Springer– Konzern in den letzten Jahren untersagt. Nun droht dem Konzern selber der Ausverkauf? Wir haben bisher nur Informationen aus der Tagespresse, wissen also bis dato nicht, ob das Bundeskartellamt überhaupt zuständig ist. Wenn es zuständig ist, können wir Sie auch nur unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten prüfen. Wie stellt sich die Zuständigkeit her? Wir sind zuständig, wenn nach dem Kartellgesetz ein Unternehmenszusammenschluß gegeben ist. Das wird hier der Fall sein, wenn a) zwischen Kirch und Burda ein Pool–Vertrag abgeschlossen worden ist und b) die beiden Gruppen Kirch und Burda zusammen über eine Mehrheitsbeteiligung an Springer verfügen. Sind beide Gruppen verpfichtet, der Behörde Entsprechendes mitzuteilen? Ja, wenn sie das nicht machen, drohen Sanktionen. Ich gehe aber davon aus, daß sie uns das mitteilen, ein erstes Gespräch führten wir bereits am Donnerstag nachmittag darüber. Wenn es nämlich ein Zusammenschluß sein soll, darf er erst vollzogen werden, wenn das Bundeskartellamt sein Ja–Wort gegeben hat. Sollte er schon vollzogen sein, müssen die Beteiligten mit einem Bußgeld bis zu einer Million Mark rechnen und davon ausgehen, daß die Rechtsgeschäfte, die bisher getätigt worden sind, unwirksam sind. Springer beherrscht nicht nur einen gewichtigen Teil des Pressemarktes, der Verlag ist am privaten Fernsehen Sat 1 beteiligt, das wiederum mit Leo Kirch verknüpft ist. Müßte das Kartellamt sich nicht auch Gedanken über die marktbeherrschende Stellung der Kirch–Gruppe im Filmgeschäft machen? Wir haben nach dem Kartellgesetz kein allgemeines Recht, die Marktposition von Unternehmen zu untersuchen. Wir können das immer nur dann machen, wenn konkrete Fälle bei uns auf dem Tisch landen. Wenn zum Beispiel Zusammenschlußtatbestände, an denen diese Unternehmen beteiligt sind, realisiert werden oder wenn ein Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung mißbräuchlich ausnutzt. Wir haben bislang keinen Grund gehabt, die Marktstellung der Kirch– bzw. Taurus–Gruppe kartellrechtlich zu untersuchen. Das gleiche gilt auch für die Deutsche Genossenschaftsbank, an deren Tropf die Kirch–Gruppe hängt? Ja, das gilt auch für diese Bank. Die Burdas haben für Springer ein Vierermodell vorgeschlagen. Die Kaufhof AG und der Bauer–Verlag sollen mit am Deck des Konzernschiffs gehen. Das sind Dinge, mit denen wir uns auch noch nicht beschäftigt haben. Dafür haben wir auch keine Hinweise. Die mögliche Beteiligung von Bauer wäre aber in der Tat der kartellrechtliche Knackpunkt oder das wettbewerbspolitisch Störende. Dann stellte sich die Frage, ob die Aufteilung des möglichen Kirch–Burda–Pakets von über 50 Prozen auf vier Anteilseigener mit jeweils 13 Prozent überhaupt noch ein Zusammenschlußtatbestand im Sinne des Gesetzes ist, der von uns unter fusionsrechtlichen Gesichtspunkten geprüft werden kann. Man kann ihn allerdings unter dem Gesichtspunkt des Kartellverbotes prüfen. Das Ergebnis könnte sein, daß es zu Wettbewerbsbeschränkungen kommt. Aktuell haben wir zu überprüfen, ob die Dreier–Verbindung Kirch–Burda–Springer marktbeherrschende Stellungen entstehen läßt oder bereits bestehende weiter verstärkt, das heißt zum Beispiel, ob die Stellung im Zeitungsbereich durch die Verbindung mit Kirch weiter verstärkt wird. Wenn das der Fall sein sollte, müßten wir den Zusammenschluß untersagen. Kirch ist kein Zeitungsmensch? Richtig, deshalb sage ist auch auf dem ersten Blick gegen diesen Zusammenschluß nichts zu machen. Es wäre aber denkbar, daß Springer mit seiner marktbeherrschenden Stellung bei den Zeitungen durch diesen Zusammenschluß einen verstärkten Zugriff auf die Neuen Medien bekommt. Das könnte, mit aller Vorsicht, wieder zu einer Marktbeherrschung im Printbereich führen und damit zu einer Untersagung. Das Interview führte Benedikt Maria Mülder