Zäher Streit für Außereheliche

■ Grüne fordern die rechtliche Gleichstellung nicht–ehelicher Lebensgemeinschaften mit Paaren im Stande der Ehe / Unverheiratete und homosexuelle Paare mehrfach benachteiligt / Justizminister schaltet auf stur

Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Mit zahlreichen Änderungsvorschlägen wollen die Grünen die steuerliche, rechtliche und soziale Benachteiligung nicht–ehelicher Gemeinschaften abbauen - doch beim liberalen Justizminister Engelhardt stoßen sie damit auf taube Ohren. Die Forderungen der Grünen umfassen weitgehende Maßnahmen wie die Abschaffung des Ehegatten–Splittings und eine Änderung des Grundgesetzes, das ihrer Vorstellung nach nicht nur die Ehe unter besonderen Schutz stellen soll. Vorgesehen sind aber auch konkrete Einzelschritte: das Recht Unverheirateter und homosexuel ler Paare auf eine gemeinsame Sozialwohnung, ein Zeugnisverweigerungsrecht vor Gericht und etwa die Möglichkeit, den Partner in Psychatrie oder Knast zu besuchen. Die Grünen–Abgeordnete Jutta Oesterle–Schwerin: „Wir wollen uns als Lesben und Schwule nicht verloben und verheiraten, wir wollen auch keine Zwangsverrechtlichung heterosexueller Lebensgemeinschaften. Aber wir wollen die positive Gleichstellung aller freigewählten Lebensformen mit der Ehe.“ In einer Antwort der Bundesregierung, federführend von FDP–Minister Engelhardt gezeichnet, wird nun jedoch glattweg bestritten, daß es überhaupt eine rechtli che Diskriminierung des außerehelichen Zusammenlebens gibt. Offensichtlich, so Oesterle– Schwerin, kenne der Minister die Programme seiner eigenen Partei nicht. In der Tat fordert die FDP in Parteitagsbeschlüssen, „bestehende rechtliche Diskriminierungen“ abzubauen. Es dürfe nicht dabei bleiben, so die grüne Abgeordnete, daß Unverheiratete gleich „doppelt bestraft“ werden: Sie kommen nicht in den Genuß von Steuererleichterungen, werden aber bei der Gewährung von Sozial– und Arbeitslosenhilfe als Partner zu ihren Ungunsten berücksichtigt. Das Bundessozialgericht in Kassel bestätigte erst kürzlich, daß Paare ohne Trauschein bei der Arbeitslosenhilfe wie Ehepaare zu behandeln seien. Eine Abschaffung des Ehegatten–Splittings, so berufen sich die Grünen auf eine Studie, würde dem Staat 44 Milliarden Steuer–Mehreinnahmen bringen, und dieses Geld sollte lieber direkt kinderbetreuenden Menschen zugute kommen. Außerdem wollen die Grünen auch für Schwule und Lesben das Recht, Kinder adoptieren zu können. International gibt es bereits Vorbilder für derartige Anti–Diskriminierungs–Maßnahmen: die Gleichbehandlungsvorschriften in Schweden für homosexuelle Paare und einen ähnlichen Gesetzentwurf in Dänemark.