: Töpfer plaudert über Hanau–Bunker
■ Erste offizielle Information über das staatliche gelagerte Plutonium durch Bundesumweltminister Töpfer / Schweigen über Waffenfähigkeit des strahlenden Materials / Töpfer: „Zeitlich begrenzte Übergangslösung“
Aus Bonn Charlotte Wiedemann
„Um Unterstellungen und Verdächtigungen zu beseitigen“, trat Bundesumweltminister Töpfer gestern erstmals mit Informationen über den Hanauer Plutoniumbunker an die Presse. Nach Angaben Töpfers, der den Bunker auf Alkem–Gelände zuvor besichtigt hatte, liegen dort „zirka“ 2,5 Tonnen Plutonium. Davon seien „rund“ 2,2 Tonnen in staatlicher Verwahrung, der Rest unter ALKEM–Obhut. Etwa zwei Drittel des Plutoniums befinde sich in verarbeiteter Form in Brennelementen. Dazu kommen etwa 15 Tonnen Uran in staatlicher Obhut. Über den Reinheitsgrad, also die Waffentauglichkeit des Plutoniums, wollte Töpfer nichts sagen. Dieses Material werde in einem abgeschlossenen und nur von der Physikalisch–Technischen Bundesanstalt genutztem Raum gelagert. In einem zweiten Raum, wo die Mischoxid–Brennelemente und das Rohmaterial der ALKEM gelagert sind, ist der Bereich der Firma von dem der staatlichen Verwahrung hingegen nur durch eine Farbmarkierung auf dem Boden getrennt, wie der Minister bestätigte. Zu bisherigen Informationen, daß es über diese Trennlinie zu einem nicht–kontrollierten Materialfluß gekommen sei, wollte Töpfer nicht Stellung nehmen. Aber „weil wir nicht erst handeln sollten, wenn etwas pas siert ist“, will der Minister nun den staatlichen Bunkerteil durch eine Trennwand abteilen lassen. Insgesamt könne, so Töpfer, die staatliche Verwahrung des Plutoniums „im gegenwärtigen Umfang und am gegenwärtigen Standort nur eine zeitlich begrenzte Übergangslösung sein“. Seit sieben Jahren existiert das staatliche Lager in Hanau nämlich auf der rechtlichen Grundlage des Paragraphen 5 im Atomgesetz, der die staatliche Obhut nur für Ausnahmefälle und Engpässe vorsieht. Eine Reduktion der Menge staatlich verwalteten Plutoniums könne nach Darstellung Töpfers möglich sein, wenn die Firma AL KEM, wie geplant, für ihren Neubau eine Umgangsgenehmigung für 2,5 Tonnen Plutonium bekommt. Derzeit darf ALKEM nur über 460 Kilogramm verfügen. Ob Töpfers Spaltstoff–Verschiebe–Spiel so funktionieren könnte, wird von Experten aber bestritten. Denn durch die Wiederaufarbeitungsverträge mit Frankreich kommen in den nächsten Jahren Plutoniummengen in die Bundesrepublik zurück, die die bisher erlaubten Kapazitäten überschreiten. Für die Lösung dieses Problems verwies Töpfer auf die Verantwortung der hessischen Landesregierung. Mit der Betonung darauf, daß die Menge des staatlich verwahrten Plutoniums für ihn „ein Problem“ sei, wollte der Minister vermutlich der Vermutung entgegentreten, daß die Bundesregierung für militärische Zwecke größere Mengen Bombenmaterials hortet. Mehrmals verwies der Minister auf die „breite Diskussion“ in der Öffentlichkeit, die ihn nun zum Bunkerbesuch veranlaßt habe, um zu zeigen: „Wir haben nichts zu verheimlichen.“ Bisher wurden auch Bundestagsabgeordneten Informationen zum Bunker verweigert. Nachdem sich nun der Atom–Untersuchungsausschuß in Hanau angekündigt hatte, ging Töpfer offensiv an die Öffentlichkeit.
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