Vertrag für einen Bürgerkrieg

■ Afghanistan–Vereinbarung in Genf ist laut UNO–Vize Cordovez fertig / Waffenlieferungen der UdSSR und der USA an Regierung und Rebellen werden nicht erwähnt / Unterschrift bis spätestens kommenden Donnerstag

Aus Genf Andreas Zumach

„Das Afghanistan–Abkommen ist fertig und wird bis spätestens kommenden Donnerstag unterschrieben.“ Das teilte gestern in Genf der stellvertretende UNO– Generalsekretär Diego Cordovez mit. Die Frage künftiger Militärhilfe der USA und der UdSSR, deren Klärung in den letzten Tagen ein Abkommen erst ermöglichte, finde in dem Abkommen keinerlei Erwähnung, betonte Cordovez. Er verweigerte jeglichen Kommentar zu dem Kompromiß zwischen Moskau und Washington, der nach allen bislang vorliegenden Informationen weitere Waffenlieferungen an Kabul bzw. die Widerstandskämpfer zuläßt und damit einen Bürgerkrieg einkalkuliert. Zwei Teildokumente des Abkommens werden von Pakistan und Afghanistan unterzeichnet: über die „Prinzipien gegenseitiger Nichteinmischung und Nichtintervention“ sowie über die „freiwillige Rückkehr der Flüchtlinge“. Das betrifft direkt die drei Millionen Afghanen in Pakistan, indirekt aber auch die knapp zwei Millionen im Iran. Das dritte Dokument soll außerdem Moskaus Unterschrift tragen und regelt „die Beziehungen aller mit der Situation in Afghanistan zusammenhängenden Probleme“. Hiermit sind vor allem die Modalitä ten des sowjetischen Truppenrückzuges gemeint, der innerhalb von neun Monaten ab 15.Mai 88 erfolgen soll. Bis 15.August soll rund die Hälfte der sowjetischen 120.000 Soldaten, darunter die Eliteeinheiten, Afghanistan verlassen haben. USA und UDSSR unterschreiben die in einem vierten Dokument niedergelegte „Internationale Garantieerklärung“ für das Abkommen. Ein fünfter Text enthält das gemeinsame Verständis aller vier Staaten hinsichtlich der Überwachung des Abkommens durch die Vereinten Nationen. Vor der Presse gab Cordovez eine Erklärung zur künftigen innenpolitischen Entwicklung in Afghanistan ab, die nach seinen Worten von den Regierungen in Kabul, Islamabad, Moskau und Washington „autorisiert“ wurde, aber nicht Teil des Abkommens ist. Fortsetzung auf Seite 6