Sieg der Sittenwächter

■ Verleger Ant zum Verbot durch die „Porno–Kommission“

taz: Aufgabe der Kommission ist es, Minderjährige vor schädlichem Schrifttum zu schützen. Wie stehen Sie dazu, daß ein Frauenroman Ihres Verlages indiziert wird? Ant: Ein literarisches Werk, das in der 40. Auflage erschien, kann nicht einfach als jugendgefährdent indiziert werden. Hunderttausende Leser haben bis heute das Buch gelesen. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, daß sich durch das Lesen dieses Frauenromans die Türkei im moralischen Verfall befindet. Diese Indizierung ist gänzlich unverständlich. Hat es eine Rolle gespielt, daß die Kommission sich Wohlgefallen bei den islamischen Fundamentalisten gesichert hat? Natürlich. Wie in vielen Bereichen, sind die islamischen Fundamentalisten in der Offensive. Sie haben in diversen Blättern eine Hetzkampagne gegen das Buch eröffnet. Es ist klar, daß die Kommission nicht unbeeinflußt von solchen Strömungen ist. Wie werten Sie die bisherige Verbotspraxis der Kommission? Die Kommission verbietet alles mögliche. Sie haben jüngst Henry Millers „Im Wendekreis des Steinbocks“ verboten. Bücher türkischer Literaten wie Ahmet Altan und Pinar Kür fielen ihr zum Opfer. Lehrbücher zur Sexualität wurden indiziert. Diese Kommission spielt sich als Sittenwächter auf und bestimmt, was literarisch ist und was pornographisch ist. Es ist auch unglaublich, daß laut Gesetz vor den Gerichten, die über Verbotsanträge gegen Bücher entscheiden, als Sachverständige nur die betreffende Kommission zugelassen ist. So können die Gerichte nicht unabhängig entscheiden. Sie haben ja jetzt die Möglichkeit - unter Zahlung immenser Abgaben für jedes Buch - den Roman in eine undurchsichtige Plastikfolie zu stecken und Pornos gleich zu verkaufen. Wollen Sie das tun? Nein. Wir haben Widerspruch vor dem Verwaltungsgericht eingelegt. Auch wenn das Gericht gegen uns entscheidet, werden wir nicht ds Buch umhüllen und teuer verkaufen. Die Autorin und ich haben soviel Selbstachtung, daß wir uns nicht einer solchen Unverschämtheit beugen. Interview: Ömer Erzeren