In Budapest organisieren sich die Flüchtlinge aus Rumänien

Budapest (taz) - Neben der „Bewegung für ein freies Rumänien“ hat sich in Budapest eine weitere Oppositionsgruppe gebildet. Gestern erklärte ein Vertreter des neugegründeten „Komitees der rumänischen Flüchtlinge in Ungarn“ gegenüber der taz, man wolle die Interessen der mindestens 150.000 Rumänienflüchtlinge in Ungarn vertreten, Rechtsbeistand leisten, Schwarzarbeit und Wohnraum besorgen. Bekanntlich flüchten täglich hunderte rumänische Staatsbürger ins benachbarte Ungarn, da sie auf Kadars Gulasch–Kommunismus mehr Hoffnung setzen als auf Ceausescus bizarren Personenkult, der Rumänien zum Armenhaus der realsozialistischen Staaten verkommen ließ. Nach Ansicht eines Komiteesprechers könnte sich die Zahl der rumänischen Staatsbürger auf über 30.000 erhöhen, sollte sich die wirtschaftliche und politische Lage in Rumänien nicht bald ändern. In dem Gründungsappell der Gruppe, der namentlich von einem Dutzend Arbeitern, Facharbeitern, Intellektuellen und Pfarrern unterschrieben wurde, wird an die Weltöffentlichkeit appelliert, das Ceausescu–Regime weltweit zu ächten. An die ungarische Regierung wird die Bitte gerichtet, rumänische Staatsbürger, egal welcher Nationalität sie angehörten, ob deutsch, ungarisch oder der rumänischen Mehrheit, nicht an Ceausescu auszuliefern; dieser habe bereits begonnen, Internierungslager einzurichten für all jene, die beim illegalen Grenzübertritt nach Ungarn geschnappt wurden. Ausdrücklich erklärte der Sprecher gegenüber der taz, man unterscheide sich von Gruppen in der DDR, die sich zu Interessensgruppen von Ausreisewilligen zusammengeschlossen hätten und denen es nur darum ginge, der DDR den Rükken zu kehren. Bisher schaute die ungarische Regierung dem oppositionellen Treiben in Budapest tatenlos zu, schickte, zumindest in den letzten Monaten, keine Flüchtlinge mehr nach Runämien zurück und nahm bewußt eine weitere Klimaverschlechterung mit Bukarest in Kauf. Roland Hofwiler