Heuchler

■ Die Empörung der NRW–SPD ist unglaubwürdig

Einer lügt - und es spricht alles dafür, daß es nicht der Krupp–Stahl–Boss Cromme ist, sondern der SPD– Fraktionsvorsitzende Farthmann, der den Manager mit tosender Empörung zum Widerruf aufgefordert hat. Dies ist nicht deshalb so, weil Cromme persönlich glaubwürdiger wäre als Farthmann, sondern weil die Äußerungen Crommes exakt mit der Interessenlage der NRW–Landesregierung in Sachen Rheinhausen übereinstimmen. Schließlich geht es für sie nicht nur um die 5.200 Rheinhausener Arbeitsplätze, sondern um die nächste Landtagswahl. Die Beschwörungen der Arbeitersolidarität aus dem Munde des ehemaligen Lehrers und jetzigen SPD– Landesgeschäftsführers Bodo Hombach sind nichts weiter als widerlich: Die SPD ist nicht nur „einen Millimeter“ von der Seite der Rheinhausener Arbeiter gewichen, sondern meilenweit - wie jetzt auch von der Wahrheit. Die regierenden Sozialdemokraten in NRW haben nicht den Mut, ihre politischen Pläne offenzulegen. Die kämpfende Rheinhausener Belegschaft - das sind für die SPD zu allererst Negativschlagzeilen über die Notstandsregion Ruhrgebiet, Öffentlichkeit über ein politisches Versagen. Mit empörten und verzweifelten Arbeitern läßt sich kein Wahlkampf machen. Und letztlich sitzen die Stahlmanager ohnehin am längeren Hebel. Wenn sie gegen alle Widerstände der Rheinhausener Belegschaft hart bleiben und ihre Vorhaben durchziehen, dann ist es für die Landespolitiker allemal leichter, geharnischte Solidaritätserklärungen abzugeben, als politisch wirksam zu intervenieren. Dieses Spiel ist jetzt zerstört, und das ist es wohl, was die Herren Rau und Farthmann am meisten empört. Martin Kempe