Scharfe Kritik an Israels Abschiebepolitik

■ USA sprechen von „kontraproduktiver Maßnahme“ / Rabin hatte am Montag acht Palästinenser nach Libanon abgeschoben / Knesset–Abgeordnete: Der Verteidigungsminister kuscht vor den Siedlern / Drei weitere Palästinenser in der Westbank erschossen

Aus Tel Aviv Amos Wollin

Israel hat am Montag acht Palästinenser per Hubschrauber nach Libanon abgeschoben. Nach Erklä rungen aus Armee– und Polizeikreisen wurden gegen weitere zwölf Männer Ausweisungsbefehle erlassen. Angeblich sollen darunter sechs an den Auseinan dersetzungen in dem palästinensischen Dorf Beita beteiligte Männer sein. Dort war in der vorigen Woche ein israelisches Mädchen erschossen worden. Die Armee führung erklärte, daß die acht abgeschobenen Palästinenser schon vor oder kurz nach Beginn des Aufstands im Dezember letzten Jahres verhaftet worden seien. Ein Sprecher bezeichnete sie ebenso wie die zwölf Araber, die noch ausgewiesen werden sollen, als „führende Aktivisten, die in Aufwiegelungen und subversive Aktivitäten verwickelt sind“. Unter den acht am Montag Ausgewiesenen soll sich auch der 38 Jahre alte Führer des Islamischen Heiligen Kriegs, Asis Odeh, befinden. In einer ungewöhnlich schnellen Reaktion haben die USA noch am Montag die Ausweisung der Palästinenser nach Libanon als „kontraproduktive Maßnahme“ kritisiert. Der Sprecher des US– Außenministeriums Redman erklärte, Washington sei strikt gegen die Politik der Ausweisung, die nur zu einer weiteren Eskalation der Gewalt in den besetzten Gebieten führen würden. Die Entscheidung des israelischen Verteidigungsministers Rabin, Palästinenser auszuweisen und die Zerstörung von Häusern in den Dörfern der Westbank fortzusetzen, wurde auch in Israel heftig angegriffen. Der Knesset–Abgeordnete Dedi Zucker von der Bürgerrechtspartei beschuldigte Rabin, sich dem Druck der Siedler und des rechtsradikalen Rabbi Kahane unterworfen zu haben. Rabin würde es offenbar vorziehen, den Fanatismus der Siedler zu befriedigen, anstatt die Rechtsstaatlichkeit seiner Politik zu bewahren. Auch andere Parteien und Gruppen wie die Demokratische Front, die Progressive Friedensliste und die linke „Nizzos“ (Funke) Gruppe griffen Rabin an und hielten der Regierung Untätigkeit vor, die anti–palästinensischen Ausschreitungen der radikalisierten Siedler zu stoppen. Im Norden der Westbank wurden gestern wieder drei Palästinenser erschossen, die demonstriert hatten. Wie jetzt bekannt wurde, haben die Siedlergruppen der Regierung Shamir am Wochenende eine Liste mit Forderungen vorgelegt, die allem Anschein nach erfüllt werden sollen. Die Siedler verlangen eine sofortige Ausweisung führender Palästinenser, die sich zur PLO bekennen, die Zerstörung ihrer Häuser, die Schließung aller arabischen Zeitungen.