Und sie reisen doch

■ Angelika Beer und Alfred Mechtersheimer reisen trotz Widerstand der Fraktion nach Libyen / Reise privat und auf eigene Kosten / Mechtersheimer: Grüne halten an Amerikanismus fest

Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Die grünen Bundestagsabgeordneten Angelika Beer und Alfred Mechtersheimer brechen heute zu einer mehrtägigen Reise nach Libyen auf, obwohl sich die Fraktion einhellig gegen dieses Unternehmen ausgesprochen hat. Mechtersheimer und Beer wollen den zweiten Jahrestag der US–Bombardierung der libyschen Städte Tripolis und Bengazi am 15. April 1986 zum Anlaß nehmen, die Hintergründe dieses „völkerrechtswidrigen Angriffs“ und die Beteiligung der Bundesrepublik daran zu untersuchen. Mechtersheimer nannte es „einen Skandal ohnegleichen“, daß die Bundesregierung immer noch an der Behauptung festhalte, Libyen sei in den Anschlag auf die Diskothek „La Belle“ verwickelt, obwohl diese Version längst wiederlegt sei. Entsprechende Anfragen der Grünen an die Regierung wurden seit einem Jahr nicht beantwortet. Zu dem „verlogenen Spiel“, so Mechtersheimer, daß Syrien als eigentlicher Täter dagegen „hofiert“ werde, dürften die Grünen nicht wie die anderen Parteien schweigen, auch wenn Libyen für andere „unentschuldbare Gewaltakte im Ausland“ Verantwortung trage. Nachdem sowohl die Fraktion als auch zuvor der zuständige Arbeitskreis die Reise zum jetzigen Zeitpunkt ablehnte, fahren die Abgeordneten mit vier Begleitern nach eigenem Bekunden nun „privat“ und auf eigene Kosten. Für die rund 19.000 Mark, die für das Unternehmen veranschlagt werden, gebe es auch keine Zuschüsse von Ghaddafi. Strömungsübergreifend war den Abgeordneten eine mangelnde Vorbereitung der Reise vorgeworfen worden, und Mechtersheimer räumte gestern ein: „Wir haben kein ausgearbeitetes Programm“. Über diese offizielle Begründung hinaus gibt es allerdings eine Reihe von politischen Vorbehalten und persönlichen Machtkämpfen um die Reise. Manche Realpolitiker wie Hubert Kleinert befürchteten im Vorfeld bereits, das Risiko negativer Schlagzeilen für die Grünen sei zu groß. Mechtersheimer dazu: „Einige in der Fraktion haben Angst davor, daß die US–Politik richtig dargestellt wird.“ Die Grünen hielten an einem „Amerikanismus“ fest, von dem sich die CDU gerade distanziere. Nachdem sich Otto Schily bei der Reise–Kritik besonders engagierte, befürchten manche in der Fraktion, es gehe nun um eine „Rache“ für die damalige Kritik an Schilys Israel–Reise. Für den strömungspolitischen Streit taugt dieser Konflikt aber wenig, denn auch die Ökosozialisten kritisierten den „Dilletantismus“ angesichts dieses sensiblen Themas.