Regionale Konflikte

■ Zur Garantieerklärung der Supermächte

Was sich schon während des Washingtoner Gipfels im Herbst letzten Jahres andeutete, nimmt mit der Vertragsunterzeichnung in Genf langsam Konturen an: Reagan und Gorbatschow machen ernst mit ihrer Ankündigung, bei den regionalen Konflikten in der Welt zusammenzuarbeiten. Mit dem Rückzug der sowjetischen Truppen aus Afghanistan ist der Anfang gemacht. Wie kritisch auch immer das Abkommen für die friedliche Zukunft Afghanistans zu betrachten ist, das Garantieabkommen der Supermächte ist ein erster Schritt. Schon am Tage der Unterzeichnung sind Gespräche über Mittelamerika angekündigt worden, auch in Angola und Mosambik könnten Verhandlungen Bewegung in die festgefahrene Situation bringen. Und seit fast zwei Jahren hat Gorbatschow - auch mit Blick auf China - eine Lösung für Kambodscha versprochen. Sogar in bezug auf den Nahen Osten und den Persischen Golf tauschen die Supermächte Freundlichkeiten aus. Doch erst mit dem Abkommen über Afghanistan kann für andere Regionen der Stein ins Rollen kommen. Der Kompromiß um Afghanistan ist darüber hinaus aber kein Anlaß zur Euphorie. Konflikt und Krieg werden wieder nationalisiert. Wer möchte schon glauben, daß die im pakistanisch–afghanischen Abkommen ausgehandelten Bedingungen in Gänze eingehalten werden. Mit dem Recht auf Waffenlieferungen gegenüber ihren jeweiligen Partnern haben sich die Supermächte nämlich vorbehalten, in den Konflikt jederzeit wieder einzugreifen. Und das verschafft beiden Einflußmöglichkeiten, die es erlauben werden, den jeweiligen Interessen gemäß die Kämpfe anzuheizen oder abzudämpfen. Ob die künftige Regierung Afghanistans nun eine Koalitionsregierung unter Einschluß der Kommunisten wird (was unwahrscheinlich bleibt), auf lange Sicht sich eine islamische Regierung installiert (was den militärischen Sieg der Mudjahedin in ganz Afghanistan voraussetzt) oder das Land in zwei Einflußsphären geteilt wird - jede politische Konstellation in diesem Land wird trotz der Absicht der „Nichteinmischung“ an die Interessen der Garantiemächte gebunden bleiben. Doch diese Interessen haben immerhin den Kompromiß von Genf erzwungen. Beide Seiten übten Druck auf ihre jeweilige Klientel, um ihn zustandezubringen. Wer im Westen vor Monaten noch bezweifelte, ob die sowjetischen Angebote zum Rückzug ihrer Truppen ernstzunehmen waren, wird feststellen müssen, daß für den Ost–West–Konflikt der „Prüfstein“ Afghanistan überwunden werden kann. Und auch im Osten wird man positiv zur Kenntnis nehmen, daß die amerikanische Administration entgegen früherer Rhetorik der Versuchung widerstanden hat, die Möglichkeiten pragmatischer Lösungen auszuschlagen. Erich Rathfelder