Asylbewerber im Hungerstreik

■ Schlechte Verpflegung führt zur Lebensmittelvergiftung bei Asylbewerberin / Hungerstreik in Freiburg seit einer Woche / Regierungsdirektor gibt Panne zu / Selbstversorgung gefordert

Aus Freiburg Andrea Hösch

Die aufgetaut gelieferte Tiefkühl– „Mantsche“ des Heilbronner „Menü–Service–Rund“ wollen die über 100 AsylbewerberInnen eines Freiburger Sammellagers nicht länger schlucken. Seit über einer Woche sind sie - ausgenommen Kinder und Schwangere - in den Hungerstreik getreten und boykottieren die inzwischen auch schon vom Wirtschaftskontrolldienst beanstandeten Lebensmittellieferungen. Der ganze Unmut der AsylbewerberInnen aus Afghanistan, Iran, Pakistan, Polen, Jugoslawien und der Türkei eskalierte, als vergangene Woche eine polnische Frau mit dem Verdacht auf Lebensmittelvergiftung ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Ihre Forderung heißt: „Wir wollen uns selbst versorgen, einkau fen und kochen. Statt Naturalien fordern wir Bargeld, denn Essen ist unser Menschenrecht.“ Sämtliche eingegangenen Protestschreiben zu dem Hungerstreik scheinen aber im Regierungspräsidium wirkungslos zu bleiben. Selbst als eine siebenköpfige Delegation der Hungerstreikenden dieser Tage überraschend vor seinem Schreibtisch auftauchte, winkte Regierungsdirektor Karl–Heinz Sautter ab: Ihm seien die Hände gebunden, die „von oben“ säßen im Innenministerium in Stuttgart. Jene schweigen sich bislang ebenfalls aus beziehungsweise verweisen auf die Zuständigkeit des Freiburger Regierungspräsidiums. Dessen Sprecher, Schelb, nutzte die Gelegenheit des taz–Anrufs, um richtigzustellen, daß die einwandfreie Ernährung gewährleistet sei. Es habe zwar eine kleine Panne gegeben, aber nach der unverzüglichen Abmahnung seitens des Regierungspräsidiums gebe es jetzt keinen Grund mehr zur Aufregung. Mit finanziellen Gründen können sich die Behörden diesmal schwerlich rausreden. Es gibt stichhaltige Kalkulationen, die belegen, daß das Land die individuelle Selbstversorgung keinen Pfennig teurer käme als das Einheitsessen. Im Gegenteil. Warum also hat die CDU–Landesregierung 1980 im Rahmen der Verschärfung der Asylpolitik die Umstellung auf „Einheitsessen“ beschlossen? Die „Friedensliste“–Stadträtin Ute Guzzoni spricht es aus: „Das ist eine bewußte Schikane, die zur Abschreckung für potentielle AsylbewerberInnen dienen soll. Denen soll gezeigt werden, daß das Leben in der Bundesrepublik kein Honigschlecken ist.“