Bayerns diskretester Rüstungskonzern

■ Porträt des Umsatzmilliardärs Diehl / Von Streubomben bis Gleisketten für den Leopard / Tochterfirma in Brasilien

„Deutschlands diskretesten Milliardenkonzern“ nennt ihn die FAZ. Tatsächlich taucht der Nürnberger Rüstungsproduzent Diehl GmbH & Co nur selten in der öffentlichen Diskussion auf. Und das, obwohl die Firma schon seit 1979 zu den einhundert umsatzstärksten Unternehmen der Bundesrepublik (1986: Platz 87) zählt. Der Anteil der Rüstung am Gesamtumsatz lag 1986 bei 46,5 Prozent und überschritt damit erstmals die Milliardengrenze. Das restliche Geschäft macht der Familienbetrieb mit Metallhalbzeug (509 Millionen) sowie Feinwerktechnik und Elektronik (384 Mio.) Die Beteiligungen an der Raketen–Technik GmbH sowie an der ehemaligen Flick–Firma Krauss Maffei (12,5 Prozent) und Rheinmetall sind in diesen Firmenangaben nicht berücksichtigt, weil sie unter 50 Prozent liegen. Rüstungsprodukte des Diehl–Konzerns sind die Gleisketten für die Kampfpanzer Leopard eins und zwei, Maschinenkanonen für die Kampfflugzeuge Tornado und Alpha Jet sowie Rohrwaffenmunition vom Kaliber 20 bis 203 Millimeter. Das Diehl–Stammwerk vier im fränkischen Röthenbach/Pegnitz ist die Zentrale des Geschäftsbereichs „Muni tion“. Streubomben, Sub– und Lenkmunition, Zündsysteme und Pyrotechnik gehören zum Produktprogramm. An den Milliardenprojekten „Mittleres Artillerie Raketensystem“ (MARS/MLRS) und „Mehrzweckwaffe eins“ (MW 1) für das Tornado–Waffensystem ist Diehl wesentlich beteiligt. An der MW 1 wird derzeit bei der Raketen–Technik Gesellschaft GmbH (RTG) in München–Unterhaching fieberhaft gearbeitet. Die RTG wurde 1976 von Diehl und MBB gegründet. Vorübergehend engagiert sich die Firma in der Büro– und Computertechnik. Doch Ende 1980 steigt sie bei Triumph Adler aus und fünf Jahre später auch bei der CTM–Computertechnik Müller GmbH, die zeitweise mit 100 Prozent ganz in ihrer Hand war. Auch an beiden deutschen Küsten ist Diehl vertreten. Nach Bremerhaven, dort sitzen die 100prozentigen Diehl–Werke Eletrosil Bauelemente sowie Comet Pyrotechnik Apparatebau, gibt es nun auch in Flensburg eine Tochtergesellschaft. Der Rüstungsexport in die übrigen NATO– Staaten trägt 1984 mit rund 124 Millionen Mark zum Gesamtumsatz bei. Ein Jahr später sind es bereits 181 Millionen Mark. Doch Diehl beschränkt sich dabei nicht nur auf NATO–Länder. Schon 1977 erklärte der Chef des Remscheider Werks, Bernhard Goppel, Sohn des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenden Alfons Goppel, daß Gleisketten in achtzehn Länder geliefert werden. Für den brasilianischen Kampfpanzer OSORIO liefert die in Sao Paulo ansässige Diehl–Tochter Gleisketten. Angefangen hatte alles ganz harmlos. 1902 gründet der 24jährige Heinrich Diehl in Nürnberg eine Kunstgießerei. Erst sein Sohn Karl Diehl steigt kurz vor dem Zweiten Weltkrieg in die Rüstungsproduktion ein. 1946 fängt man mit Uhren und Weckern wieder an. 1956 kauft sich Diehl bei der Uhrenfabrik Junghans in Schramberg ein. Jedoch bereits ein Jahr vorher ist Diehl über Munitionsaufträge der Bundeswehr wieder ins Rüstungsgeschäft eingestiegen. An 21 ausländischen Firmen, von Frankreich über Spanien bis USA und Kanada, ist der Straußfreund Diehl heute beteiligt. Der bayerische Ministerpräsident erholt sich nicht nur gern in der „Weißen Festung“ seines Duz–Freunds an der Cote d Azur, sondern spricht ihm auch die Laudatio zu seinem 80jährigen Geburtstag. Schon 1979 setzt sich Strauß, leider vergeblich, für eine Diehl Beteiligung an MBB ein. lui