Aufbruchstimmung bei der NPD

■ Landesparteitag am Bodensee / Demonstranten Mangelware / „Einheit aller Nationalen“ gefordert / Neofaschisten verbreiten Optimismus / NPD proklamiert „Führungsanspruch im nationalen Lager“

Aus Allensbach Holger Reile

Der wohl friedlichste NPD–Landesparteitag der letzten Jahre ging am Wochenende in Allensbach am Bodensee über die Bühne. Ein paar versprengte Demonstranten zogen im Laufe des Vormittags wieder ab, die bulligen NPD–Ordner klagten über Langeweile: „Mit den Linken ist auch nichts mehr los.“ Gegenüber im Allensbacher Rathaus lungerte eine Einsatzgruppe der Polizei herum, andere observierten murrend im Nieselregen das Gelände. Landesvorsitzender Jürgen Schützinger, neben dem Tuttlinger NPD–Bundesvorsitzenden Martin Mußgnug das Aushängeschild der baden–württembergischen Rechtsradikalen, sprach den 78 Delegierten aus der Seele: „Es geht wieder aufwärts mit der NPD“, organisatorisch sei man „gefestigt“, jetzt gelte es, „den Führungsanspruch im nationalen Lager“ umzusetzen. Steigende Mitgliederzahlen, ein ständig wachsendes Spendenaufkommen und nicht zuletzt das gute Ergebnis bei den Landtagswahlen im März verbreiten Optimismus bei der NPD. Die Wahlen in Schleswig–Holstein, die Europawahlen und die Kommunalwahlen 1989 in Baden– Württemberg werden als nächste Etappenziele genant. Das Bündnis mit dem rechtsradikalen Verleger und DVU–Vorsitzenden Gerhard Frey soll auch weiterhin bestehen bleiben. Karl Mechtersheimer, Ex–Landesvorsitzender der „Re publikaner“, prophezeit in kleiner Runde das baldige Ende der Partei. „Die sind finanziell am Ende.“ „Die wichtigen Leute“, so Mechtersheimer, „kamen sowieso alle von der NPD und gehen auch wieder dorthin zurück.“ Was die Themen angeht, hat sich bei den Rechtsradikalen nicht viel geändert. Tosenden Beifall gibt es immer dann, wenn von „Rückführung aller Ausländer“ die Rede ist, „natürlich nicht im Viehwaggon“. Der „Kampf um die verlorenen Ostgebiete“ und die Forderung nach der „deutschen Wiedervereinigung“ sind immer noch die Dauerbrenner. Eine differenzierte Wahlanalyse wurde nicht betrieben, man stellte „ganz allgemein“ eine „Zunahme echter nationaler Gesinnung“ fest, vor allem immer mehr junge Leute „finden den Weg zur NPD“. Man gibt sich bürgernah und moderat und das mit Erfolg - zerreiben sich die Rechten nicht wieder untereinander, wird die NPD innerhalb kurzer Zeit ihre Stärke der sechziger Jahre wiedererlangen. Bis es soweit ist, bedient sie sich auch ungeniert bei ultrarechten Ablegern. Skins, aus Stuttgart angereist, verwickelten Schützinger in ein Gespräch. „Haben Sie was gegen Skins, wir jagen doch die Drecks–Ausländer aus dem Land?“ Die Antwort des Landesvorsitzenden war deutlich: „Wenn ich sagen würde, ich hätte was gegen Skins, das wäre genauso blöd, als wenn ich sagen würde, ich hätte was gegen Bartträger.“