New Yorks Demokraten krönen Mike Dukakis

■ Bei der bisher wichtigsten und wohl vorentscheidenden demokratischen Vorwahl in New York gewinnt Dukakis vor Jesse Jackson / Die Stimmabgabe verlief entsprechend der ethnischen Zugehörigkeit: Weiße für Mike Dukakis, Schwarze für Jesse Jackson

Aus Washington Stefan Schaaf

Welcher demokratische Präsidentschaftsbewerber würde den größten Bissen aus dem „Big Apple“ nehmen? Die Antwort auf diese Frage wurde am Dienstag abend mit fast der gleichen Spannung erwartet, als ginge es bereits um das Weiße Haus selbst. Die Vorwahl in New York war die wichtigste bisher und wahrscheinlich die entscheidende. Die Antwort war deutlich genug: Michael Dukakis, der Gouverneur von Massachusetts, erhielt 51 Prozent der Stimmen. Er schnitt besonders außerhalb von New York City gut ab. Jesse Jackson erhielt 37 Prozent. In New York City selbst ging Jackson als erster durchs Ziel. Albert Gore kam auf ganze zehn Prozent und wird in den nächsten Tagen seine Kampagne einstellen. Eine ganze Woche hatten die drei verbliebenen demokratischen Bewerber in New York City und dem gleichnamigen Bundesstaat um Stimmen gekämpft, hatten debattiert, Radiotalkshows bestritten, Tausende von Händen vor Bankgebäuden und an U–Bahnstationen geschüttelt und auf die Umfragen gestarrt. Der Wahlkampf war bitter und feindselig in dieser Stadt mit ihren weit über 100 Nationalitäten, ihren gespannten Rassenbeziehungen und ihrem aggressiven politischen Stil. Besondere Mühe beim Anheizen der Gemüter gab sich der Bürgermeister von New York City, Ed Koch, der den weit zurückliegenden Albert Gore unterstützte und bei jeder sich bietenden Gelegenheit Jesse Jackson wegen seiner „radikalen Positionen und seines Charakters“ angriff. Kochs Aussage, daß Juden „verrückt“ seien, falls sie für Jackson stimmten, fiel schließ lich auf den Bürgermeister zurück. Sogar Al Gore, selbst nicht zimperlich gegenüber Jackson, betonte am Wahltag, daß Koch nur „für sich spricht“. Wahrscheinlich wird Koch sich neben Gore als der eigentliche Verlierer der Wahl herausstellen, denn der Bürgermeister steht im nächsten Jahr zur Wiederwahl an. Michael Dukakis hingegen hielt sich mit Angriffen auf seine Konkurrenten zurück und kämpfte vor allem gegen die Apathie der WählerInnen. Er befürchtete, bei einer niedrigen Wahlbeteiligung schlechter abzuschneiden, da Jacksons Unterstützer sehr viel motivierter waren als die Dukakis–Anhänger. Jackson konnte auf Unterstützung praktisch aller Schwarzen, etwa der Hälfte der Hispanics, der Hälfte der Gewerkschaftsaktivisten und vieler liberaler Akademiker rechnen. Die Anhänger des griechischstämmigen Michael Dukakis hingegen rekrutierten sich aus den europäischstämmigen, oft katholischen Einwandererschichten. Die Stimmen jüdischer WählerInnen gingen etwa zur Hälfte an Dukakis und an Gore. Jackson erhielt nur acht Prozent in dieser Bevölkerungsgruppe. In der Zahl der Delegierten hatte Dukakis schon vor den New Yorker Ergebnissen einen deutlichen Vorsprung, ap zufolge verfügte er über 872 und Jackson über 738 Delegierte. Von den 255 in New York vergebenen fielen 162 auf den Gouverneur von Massachusetts und 93 auf seinen schwarzen Konkurrenten. Damit hat Dukakis nach zwei Dritteln der Vorwahlen knapp über die Hälfte der zur Nominierung erforderlichen 2.082 Delegierten erhalten. Auch die Republikanische Partei hielt am Dienstag in New York Vorwahlen ab. Der einzige dort aktiv im Rennen verbliebene Kandidat, Vizepräsident George Bush, erhielt praktisch alle der zu vergebenden republikanischen Delegierten.