Gläubige

Die Reaktionen auf das Ende von Algier Blut geleckt und dann ein friedliches Ende! Der Ausgang der Marathon–Entführung des kuwaitischen Jumbo, bei dem vor den lebendigen Geiseln auch lebendige Hijacker die Maschine verließen, hat zu enttäuschten Reaktionen geführt. Die Scharfmacher, die das Blut der Entführer sehen wollten, sitzen in Washington, in London, auch in Bonn, aber auch in den Fernsehsendern und Zeitungsredaktionen der Republik. Versteckt hinter juristischen und polizeitaktischen Floskel kommt in den Reaktionen die uralte Forderung nach Rache zum Vorschein. Der Rachewunsch ist so überholt wie die Gedankenfigur „Abschreckung“. Da machen politische Kommentatoren ihre persönliche Abscheu über den Mord an den beiden Jumbo–Passagieren zum Maßstab ihrer Kritik an den Vermittlern der algerischen Regierung. Und der Tip, die Bestrafung der Missetäter im Mogadischu–Stil doch wenigstens zu versuchen, wird wieder garniert mit der verstaubten Idee, die nächsten Heiligen Krieger würden sich vo solch gerechter Stärke abhalten lassen. Von der Abschreckung haben sich auch die letzten vier Kommandos nicht abschrecken lassen, die dieselben 17 Schiiten aus den Knästen Kuwaits freipressen wollten. Die Unterhändler in Algier haben weltlicher gehandelt als die Gläubigen in den westlichen Hauptstädten, die jetzt wieder die internationale Abknalltruppe fordern. Ganz pragmatisch haben sie die Geiseln befreit, ohne daß die Forderung der Geiselnehmer erfüllt wurde. Und ohne Ballerei. Ein politisches Kunststück.  ■ Andreas Rostek

Andreas Rostek