Keine Chancen mehr für den Chef

■ Chancen feuerte Chefredakteur / Das Umweltblatt des Bauer–Verlages war dem Konzern zu „negativ“ / Kritische Ansätze der Redaktion führten zum Eklat / Bislang noch 70.000 KäuferInnen

Aus Frankfurt Heide Platen

Als die Redakteure der Zeitschrift Chancen in der Hanauer Landstraße in Frankfurt am Mittwoch ihre Mittagspause beendet hatten, waren sie ihren Chef los. Dirk Maxeiner, ehemaliger Stern– Mann, der das Hätschelkind des Bauer–Verlages zu einem halbwegs kritischen Umweltblatt machte, war der Verlagsleitung zu „negativ“. Verlagsleiter Günter Wiechmann war aus Köln angereist und schaßte Maxeiner persönlich. Einen Tag später war der „Neue“ da: Frank Gotta, der im März das Werbefachblatt Horizont verließ und vorher im Wirtschaftsteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wirkte. Böse Zungen behaupten von ihm, er sei einer, der die Fähigkeit habe, auch der Luftverschmutzung positive Seiten abzugewinnen. Das muß er auch können, wenn dem Bauer–Konzern (Quick, Neue Revue, playboy, bravo) die Quadratur des Kreises gelingen will, an der Maxeiner scheiterte. Er sollte seit Januar 1987 für bisher sieben Millionen Mark eines der drei neuen Projekte des Verlages für natur– und umweltinteressierte LeserInnen interessant machen (neben deutschen Lizenzen für Esquirer und Wiener). Das Monatsmagazin mit einer Auflage von derzeit rund 70.000 sollte jung, spannend und - vor allem - „positiv“ sein. Je mehr sich jedoch die Redaktion in den Themenbereich einarbeitete, umso kritischere Beiträge kamen ins Blatt. Genau das führte nun zu Spannungen zwischen Maxeiner und der Verlagsleitung. Daß Verlagschef Bauer von Ferne seine schützende Hand über Chancen halte, wie der Spiegel noch vor kurzem vermutete, erwies sich nun als ebenso falsch wie die Vermutung eines Branchendienstes, der Verlag wolle mit dieser Zeitung „endlich aus der Schmuddelecke“ herauskommen. Wiechmann, der der Belegschaft am Donnerstag versicherte, die Linie des Blattes, werde „bis auf einige Details“ beibehalten, ließ auch gleich die Katze aus dem Sack. Zukünftig sollen den LeserInnen mehr „praktische Handlungsanweisungen“ gegeben und Umweltthemen „nicht mehr so negativ“ behandelt werden. Die Konkurrenten natur und Öko–Test, die eher bissig auf die Entwicklung von Chancen reagierten, warten jetzt gespannt auf Beiträge, in denen das positive Kräutergärtlein auf der Mülldeponie sprießt.