Waffenschmiede Bofors bestach Inder

■ Dokumente strafen Premier Ghandi Lügen / Schwedischer Konzern erschmierte Aufträge für zwölf Milliarden Kronen / Geschäfte bei Palme–Ghandi–Treffen vereinbart

Aus Genf Andreas Zumach

Die schwedische Waffenfirma Bofors hat Schmiergelder in Millionenhöhe an indische Bürger gezahlt, um Exportaufträge der Regierung in Neu Dehli zu erhalten. Die Transaktionen liefen über Genfer Bankhäuser. Diese von Bofors wie vom indischen Premierminister Ghandi immer vehement bestrittene Tatsache wird durch fünf Dokumente bewiesen, die der taz vorliegen. Die Zahlungen gingen an denselben Empfänger, der nach Auskunft indischer Journalisten auch 1979 beim Verkauf von U–Booten der Kieler HDW an Indien eine „Provision“ kassiert hat. Nach Veröffentlichung dieser und weiterer Dokumente an diesem Wochenende in der in Bombay erscheinenden Tageszeitung Hindu dürfte Ghandi unter verstärkten Rücktrittsdruck geraten. Die umfangreichen Waffenlieferungen des neutralen Schweden an Indien wurden vor zwei Jahren durch Stockholmer Friedensorganisationen aufgedeckt und sind seitdem Dauerthema in beiden Ländern. Besonders pikant ist, daß die Waffengeschäfte zum Teil am Rande von Treffen der Regierungschefs Palme und Ghandhi im Rahmen der um nukleare Abrüstung bemühten „Sechs–Kontinente–Friedensinitiative“ abgesprochen wurden. Fortsetzung auf Seite 2 Hinweise auf Schmiergeldzahlungen in Höhe von rund 319 Mil lionen Schwedischen Kronen (etwa 64 Millionen DM) im Rahmen eines zwölf Milliarden Kronen umfassenden Auftrages an Bofors konnten bislang nicht bewiesen werden. Bofors bestritt jegliche Zahlung, und der mit dem Image des Saubermanns angetretene Ghandi verbürgte sich öffentlich dafür, daß das Geschäft ohne Umwege direkt mit seiner Regierung abgeschlossen worden sei. Kein einziger indischer Bürger habe Geld erhalten. Die fünf Dokumente beweisen das Gegenteil. In vertraulichen Briefen vom 29.Oktober 79, 22.Juni 81 sowie 29.Juni 84 unterrichtet Bofors Vizepräsident Hans Ekblo die beiden Genfer Bankhäuser „British Bank of the Middle East“ sowie „Continental Illinois Bank“, daß nach Abschluß des Kaufvertrages mit der indischen Regierung sowie nach Beginn und Vollendung der Waffen lieferungen bestimmte Summen als „Provision“ auf das Konto „Pitco“ bei den beiden Geldinstituten transferiert würden. Zwei Anträge der Firma Bofors an die Devisenabteilung der „Schwedischen Reichsbank“ vom 4.März und 17.November 82 auf - ab einer bestimmten Summe genehmigungspflichtige - Geldtransfers mit dem Ausland enthüllen die Identität von „Pitco“: Es handelt sich um G.P.Hinduja, wohnhaft in London. Die Familie Hinduja mit einem Vermögen von rund zwölf Milliarden Dollar ist eine der reichsten und einflußreichsten in Indien. Laut Unterlagen erhielt Hinduja 80 Millionen der 390 Millionen Kronen, die als Schmiergeld geflossen sind. Nach Auskunft indischer Journalisten in Genf existieren Dokumente, die beweisen, daß er 1979 sieben Prozent der Summe als Provision kassierte, die Indiens Regierung an die Kieler HDW für U–Boote zahlte. Über den Verbleib der restlichen 239 Millionen Kronen gibt es bislang zwar deutliche Hinweise, aber noch keine endgültigen Beweise. Danach sollen 188 Millionen an die in Panama residierende „Svenska Incoporated“, eine Firma im Besitz von Indiens regierender Kongreßpartei, gegangen sein.