Iranische Flüchtlinge benötigen Hilfe

■ Die Lage iranischer Flüchtlinge in der Türkei ist verzweifelt / Berliner Arbeitskreis bemüht sich um Öffentlichkeit / Spenden nach taz–Artikel

Als Gabi Gansen vom „Arbeitskreis Iranische Flüchtlinge in der Türkei“ im Februar die iranische Flüchtlingsfamilie Siakali in Istanbul wiederbesuchte, erlebte sie eine Situation, die so „glücklich machte wie lange nicht mehr“. Freudestrahlende Eltern präsentierten ihr ein gesundes Baby, das ihr vom stolzen Vater mit den Worten in den Arm gelegt wurde: „Hier ist die iranisch–deutsche Produktion, made in Turkey.“ Daß das vierte Kind der Siakalis gesund zur Welt kommen konnte, hat eine „deutsche“ Vorgeschichte, an der auch die taz beteiligt ist. Nachdem sich Gabi Gansen vergangenes Jahr mehrmals über die verzweifelte Situation iranischer Flüchtlinge kundig gemacht hatte, startete der Arbeitskreis im Herbst eine Öffentlichkeitskampagne. Eine Interviewsammlung mit dem Titel „Schreie iranischer Frauen in der Türkei“ erschien, Veranstaltungen wurden organisiert. Ein taz–Artikel (“Flucht in die Sackgasse“, 12.11.87) endete mit einem Spendenaufruf für Frau Siakali: Sie erwartete eine Problemgeburt und hatte kein Geld für eine medizinisch sichere Entbindung. Insgesamt 8.245 Mark gingen nach diesem Artikel bei Gabi Gansen ein. Davon konnte nicht nur eine Klinik für Frau Siakali gefunden werden, sondern die Familie erhält jetzt eine laufende Unterstüzung von 500 Mark monatlich. Seitdem hat sich ihre gesamte Lebenssituation entscheidend verbessert. Bei ihrem letzten Besuch im Februar mußte Gabi Gansen allerdings feststellen, daß sich insgesamt die Situation der iranischen Flüchtlinge nicht verbessert hat. Im Gegenteil, der Zustrom von Flüchtlingen hält an; besonders Jugendliche, die dem Militärdienst und dem iran–irakischen Krieg entgehen wollen, wagen die Flucht „über die grüne Grenze“, das Gebirge zwischen Iran und der Türkei. Über eine Million IranerInnen sollen mittlerweile in der Türkei festsitzen. Der Weg nach Europa ist weitgehend versperrt, die Türkei versteht sich nicht als Asylland für Flüchtlinge aus Asien und macht den verfolgten IranerInnen das Leben schwer. Sie bekommen keine finanzielle Unterstützung, dürfen nicht arbeiten, und die türkische Polizei benutzt Straßenkontrollen und Razzien, um von den illegal Lebenden Gelder zu kassieren. „In der türkischen Presse werden die iranischen Flüchtlinge mehr und mehr kriminalisiert“, berichtet Gabi Gansen. Kleinere Delikte - zum Beispiel Brotklau, ohne die das Überleben gar nicht möglich wäre, werden zu großen Straftaten aufgebauscht. Es entsteht ein Klima, in dem die iranischen Frauen auf der Straße angepöbelt und angespuckt werden. Ihre Lage ist auch besonders schlimm: Alleinstehende Frauen, ob mit oder ohne Kinder, sind der Willkür von Wohnungsvermietern und Polizei noch stärker ausgeliefert als Männer. Die Angst vor sexuellen Übergriffen ist groß. Viele der Iranerinnen klagen über psychosomatische Erkrankungen wie Haarausfall und Nervosität oder leiden unter Depressionen und Schlafstörungen. Der Berliner Arbeitskreis, bei dem unter anderem Bahman Nirumand und Nasrin Bassiri mitarbeiten, will nun versuchen, eine noch größere Öffentlichkeit auf die Situation der iranischen Flüchtlinge aufmerksam zu machen. Deshalb ist eine Broschüre in Vorbereitung, in der Gabi Gansen die Eindrücke und Erfahrungen ihrer Türkeireisen und die vielen Gespräche, die sie mit Frauen und Männern und Jugendlichen führte, verarbeitet hat. Fluchtgründe und Fluchtgeschichte, Wohnungssituation, Erfahrungen mit türkischer Polizei und Medien, mit Schmugglern und Fluchthelfern bilden den Hautpteil der Broschüre, die viersprachig in deutsch, englisch, französisch und persisch Ende Mai erscheinen wird. Denn das Problem der iranischen Flüchtlinge geht ganz Westeuropa an. Im Herbst soll sich dann auch ein internationaler Kongreß der Problematik widmen: Denn gefordert sind politische Lösungen. Helga Lukoschat Zur Finanzierung der Broschüre werden noch dringend Spenden benötigt. Alle MitarbeiterInnen des Arbeitskreises arbeiten ehrenamtlich, doch die Druckkosten werden mit 7.000 Mark veranschlagt. Bislang hat nur die Alternative Liste Berlin einen Zuschuß von 1.000 Mark zugesagt. Deshalb erneut eine Bitte um Spenden. Überweisungen an: Arbeitskreis Iranischer Flüchtlinge in der Türkei, Stichwort Dokumentation, Berliner Bank, BLZ 100 200 00, Konto–Nr. 244 718 79 00