Giftmüll soll zurück aus der Türkei

■ Zwei Wochen suchte der „grüne Mülldetektiv“ Andreas Bernstorff deutschen Giftmüll in der Türkei / Die Regierung in Ankara gab ihm eine Botschaft mit heim: Der Dreck soll zurück nach Baden–Württemberg

Aus Stuttgart Dietrich Willier

Die türkische Regierung hat Baden–Württemberg aufgefordert, den bundesdeutschen Giftmüll zurückzunehmen, der am Sonntag im Land für Schlagzeilen sorgte. Ankara gab die Forderung dem ehemaligen Grünen–Abgeordneten Andreas Bernstorff mit auf den Heimweg, der sich in der Türkei als „Mülldetektiv“ umgetan hatte. Das teilte der Grünen–Politiker zum letzten Wochenende offiziell in Stuttgart mit. Berater aller Beteiligten an dem Geschäft, sowohl auf türkischer als auch auf bundesdeutscher Seite, ist übrigens ein einziger Experte, der türkische Professor an der Uni Hohenheim bei Stuttgart, Oktay Tabassaran. Über 1.500 Tonnen Lackschlämme und Lösungsmittelreste hatte die Göppinger Firma Weber mit Sägespänen vermischt als Ersatzbrennstoff an türkische Zementwerke verhökert, mit Genehmigung der Behörden. Deklariert war das Zeug, das bei Verbrennung Dioxin freisetzt, als „Anglomera Torf“. Jetzt liegt der hochgiftige „Torf“, notdürftig mit einer Plane abgedeckt, auf dem Firmengelände einer Zementfabrik. Bei sommerlichen Temperaturen besteht Brand– und Explosionsgefahr. Sollte das Zeug zurückkommen, wüßte Baden–Württemberg nicht wohin damit. Erst in unge fähr sieben Jahren wird eine neue Sondermüllverbrennungsanlage in Kehl am Rhein betriebsbereit sein, und aus dem Sondermüllhandel mit Schönberg in der DDR hat man sich zurückgezogen. Eine Lösung des süddeutschen Sondermüllproblems hatte denn auch zu Beginn des Jahres der Ravensburger Giftmüller Altvater parat: Billig per Schiff und LKW in die Türkei, so seine Offerte. Die Genehmigungsbescheide türkischer Behörden für Sondermüllexporteur Altvater werden allerdings gefälscht. Eine Resolution der türkischen Regierung von Anfang März verbietet zukünftig die Einfuhr von Sondermüll. Ob der Giftmüllhandel damit beendet ist, ist mehr als fraglich. Berater von baden–württembergischen Gemeinden, Kreisen und der Regierung in Sachen Entsorgung und Sondermüllverbrennung ist der türkische Professor an der Universität Hohenheim bei Stuttgart, Professor Oktay Tabassaran. Er berät auch die Kraft–Werk–Union, Siemens und die deutsche Babcook in Sachen Verbrennungsöfen, dem Zukunftsgeschäft deutscher Atomanlagenbauer. Und, der heimischen Sprache wegen, berät Tabassaran auch noch Bürgermeister türkischer Gemeinden in Müllangelegenheiten und als guter Bekannter des Ministerpräsidenten Özdal auch die türkische Regierung.