Arbeitsrichter gegen Leiharbeit

■ Klöckner–Betriebsrat darf auch Leiharbeiter vertreten / Bremer Arbeitsgericht: Mitbestimmung gilt, wenn Leiharbeiter Anweisungen von Klöckner–Vorgesetzten bekommen / Urteil von bundesweiter Bedeutung

Aus Bremen Michael Weisfeld

Ohne Zustimmung des Betriebsrats darf der Vorstand der Klöcknerhütte in Zukunft keine Subunternehmer mehr beschäftigen, deren Arbeiter in den Produktionsprozeß der Hütte eingegliedert sind. Dieses Urteil fällte zum Ende letzter Woche das Bremer Arbeitsgericht. Die Folgen für die bundesdeutsche Industrie sind nicht absehbar: Nach bisheriger Rechtsauffassung und Praxis ist der Betriebsrat nur für die Stammbelegschaft zuständig und nicht für die Leiharbeiter, auch wenn sie ständig im Betrieb arbeiten. Zu entscheiden hatte das Gericht über den Einsatz von neun französischen und belgischen Flämmern, die bei Klöckner arbeiten, aber bei der Firma Somafer–Framaborg auf der Lohnliste stehen. Somafer–Framaborg ist ein internationaler Konzern mit Sitz in Philadelphia (USA), der weltweit Facharbeiter an die Stahlindustrie verleiht. Die französischen Flämmer von Somafer arbeiten Hand in Hand mit ihren meist türkischen Kollegen von Klöckner. Unterliegen sie auch der gleichen „fachlichen Weisungsgebundenheit“ durch die gleichen Klöckner–Vorgesetzten? Von der Antwort auf diese Frage machte das Gericht seine Entscheidung abhängig, ob der Klöckner–Betriebsrat auch für die Somafer–Flämmer zuständig sei. Nach einem ersten Verhandlungstermin verabredete sich die Kammer im März zum Ortstermin in der Klöckner–Flämmerei. Danach stand für die Arbeitsrichter die „fachliche Weisungsgebundenheit“ der Leiharbeiter an die Klöckner–Hierarchie fest. Der Anwalt des Konzerns sah das anders: Seiner Meinung nach gibt der „Revisor“ den Somafer– Flämmern keine Anweisungen, sondern „nimmt ein Werk ab“. Der Klöckner–Betriebsrat hatte das Verfahren angestrengt, um dem immer weitergehenden Einsatz von Leiharbeitern einen Riegel vorzuschieben. Er will den Konzern zwingen, selbst Arbeiter zu regulären Verträgen einzustellen, und will verhindern, daß die Hütte die halblegalen Arbeitsbedingungen ausnutzt, die bei vielen Subunternehmern üblich sind. Doch vom Urteil des Bremer Arbeitsgerichts bis zu praktischen Konsequenzen ist es noch weit, denn Klöckner wird Beschwerde einlegen und alle Rechtsinstanzen ausnutzen. Trotzdem sieht der Betriebsrat in dem Urteil einen positiven Trend: „Ein allmähliches Umdenken in der Rechtssprechung“ registrierte der Betriebsratsvorsitzende Peter Sörgel, „die sich der Aushöhlung der Rechte des Betriebsrates durch Fremdfirmeneinsatz allmählich in den Weg stellen könnte.“