„Augen zu und durch“

■ Schweigen ist mit den Grundsätzen einer antifaschistischen und radikaldemokratischen Partei unvereinbar

Die Wiederwahl des CSU–Mitglieds Hans Stützle zum Münchner Sozialreferenten durch ein schwarz–grünes Bündnis im März dieses Jahres führte am vergangenen Wochenende zum Rücktritt des Grünen Vorstandssprechers Eberhard Bueb. taz: Warum sind Sie von ihren Posten als Vorstandssprecher der bayerischen Grünen zurückgetreten? Bueb: Meine Kritik richtet sich vor allen Dingen dagegen, daß mit grünen Stimmen ein Rassist (CSU–Sozialreferent Stützle hatte 1982 in seiner Studie „Die verhütete Zukunft“ vor Überfremdung gewarnt und mit ausländerfeindlichen Thesen für Wirbel gesorgt, Anm.d.Red.) gewählt worden ist. Das ist mit den Grundsätzen einer antifaschistischen und ra dikaldemokratischen Partei unvereinbar. Die Grünen rücken sich mit so einer Wahl in ein sehr schlechtes Licht. Die Geschichte mit Stützle war mir bis vor ein paar Tagen nicht im einzelnen bekannt. Ich glaube, das hat der Stadtrat bewußt nicht bekanntgegeben. Ich verstehe zwar die Situation der Grünen im Rathaus, ihren Ärger über die SPD, aber das verscherzt die Glaubwürdigkeit der Grünen im linken Lager. Zurückgetreten bin ich jedoch nicht wegen dieses Verhaltens, sondern weil die Landesversammlung nicht einen Ton dieser Kritik und Erkenntnisse verabschiedet hat und damit von der Mehrheit diese Wahlen akzeptiert werden. Wie erklären Sie sich dieses Verhalten der Delegierten? Zu dieser Frage der Referentenwahl hat ja bereits der Landesvorstand keine offene Diskussion geführt. Eine klare Position wurde von den Mehrheiten im Vorstand abgewürgt. Bei den Delegierten sehe ich einen Anpassungstrend hin zu normalen etablierten Parteien, nach dem Motto „Augen zu und durch“. Sie wollen das Problem nicht nochmal aufkochen. Das halte ich für reichlich unpolitisch. Zum anderen glaube ich, daß die andauernden Streitigkeiten auf Bundesebene sie dazu gebracht haben, zu sagen: bei uns nicht, wir akzeptieren das. Was mich in bezug auf die Stützle–Wahl noch wundert, warum sich die Frauen da so ruhig verhalten haben. Stützle vertritt ja auch eine reaktionäre Abtreibungspolitik. Luitgard Koch