Rupert Scholz - ein gnadenloser Karrierist

■ Neuer Bundesverteidigungsminister hat sich schon mit vielem beschäftigt - nur nicht mit der Verteidigungspolitik

Es gibt kaum ein Thema, zu dem der neue Bundesverteidigungsminister Rupert Scholz nichts geschrieben hat; unter seinem Namen finden sich in der Karlsruher juristischen Bibliographie allein aus den Jahren 1986 und 1987 20 Veröffentlichungen: von Erörterungen zur „Zulässigkeit industriell betriebener Gentechnologie“ bis zur rechtlichen Bewältigung der „organisierten Kriminalität“. Weiter geht es mit Schriften zur „Straffreiheit einer Unfallflucht bei tätiger Reue“ zu „zehn Jahre Strafvollzugsgesetz“ und zum „Rechtsstaat - und seinen Feinden“. Dazu kommen immer wieder seine kaltkriegerischen Parolen zur Berlin– und Deutschlandpolitik in FAZ und ähnlich ihm geneigten Blättern. Mit seinem neuen Tätigkeitsbereich der Militär– und Rüstungspolitik hat er sich - soweit ersichtlich - nur in einem Punkt beschäftigt: als Nachwuchsautor des Grund–Gesetz– Kommentars „Maunz–Dürig–Herzog“. Ausgerechnet dort hat er sich die Art. 5 Abs.3 (Kunstfreiheit) und Art. 102 (“Die Todesstrafe ist abgeschafft“) vorgenommen, und verbreitet darin die Überzeugung, daß im Kriegsfalle die Wiedereinführung der Todesstrafe zulässig sei. Für das Amt eines Bundesministers kommt es - wie schon die Mölle– und Bangemanns zeigen - auf Fachkunde nicht an. Kohl verfährt bei der Berufung des Berliner Karrieristen nach einem Motto Scholzscher Personal politik: Scholz profilierte sich bei der Suche nach Führungsleuten als ein Anhänger von sogenannten „Querbewerbungen“: So mancher Staatsanwalt soll sich gelegentlich für die Geschäftsführung eines Müllbeseitigungsunternehmens der Öffentlichen Hand beworben haben, um dadurch den raren Posten als „Leitender Oberstaatsanwalt“ zu ergattern. Insider der Berliner Justiz vermuteten immer, daß Scholz außer Personalpolitik am Justizministeramt nicht viel interessierte. Dabei handelte er sich z.B viel Ärger mit dem Richterwahlausschuß ein, als er einen treuen Kammerrichter in das unbotmäßige Oberverwaltungsgericht hieven wollte. Konsequenz: Scholz änderte das Richtergesetz und damit die Zusammensetzung des Richterwahlausschusses. Auf der anderen Seite verweigerte Scholz Horst Mahler die Wiederzulassung als Anwalt. Bis heute führt er dienstrechtliche Ermittlungen gegen Amtsrichter, die in Mutlangen blockiert haben. Die „juristische Mehrzweckwaffe“, als die er sich gerne feiern läßt, glänzt durch Abwesenheit, wo politische Alltagsarbeit im Parlament zu leisten ist. In den Ausschüssen des Berliner Abgeordnetenhauses war er selten ansprechbar, weil andernorts Interessanteres zu leisten war. Dafür hat ihn seine politische und berufliche Doppelbelastung als Senator für Justiz und Bundesangelegenheiten noch Zeit gelassen, einen Lehrstuhl an der Münchner juristischen Falkultät zu bekleiden. Bei dieser Tätigkeit entdeckte er unter anderem, daß die von den Grünen praktizierte Rotation verfassungswidrig sei. Wo immer ein reaktionärer Staats– und Verfassungsrechtler als Gutachter benötigt wurde, war Scholz zur Stelle. Jonny Eisenberg