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■ Nach vier Jahren Vorbereitungszeit nimmt die Ökobank heute ihren Betrieb auf

Das Bankenzentrum der Bundesrepublik hat Zuwachs bekommen: Am Samstag öffnete in Frankfurt die Ökobank mit Musik, Imbißbuden und viel Optimismus ihre Schalter. Um dahin zu kommen, mußte von den ursprünglichen Vorstellungen jedoch einiges aufgegeben werden. Das Bankengewerbe ist streng reglementiert und verlangt hohe Professionalität. Von einem alternativen und selbstverwalteten Betrieb kann also keine Rede sein, auch wenn gerade solche Projekte unterstützt werden sollen. Ob die Ökobanker allen Ansprüchn gerecht werden, bleibt abzuwarten.

Bratwurstduft und Dire Straights aus der Konserve liegen in der Luft. Die letzten Fenster wurden in der Nacht noch schnell eingesetzt. Am frühen Mittag tummelt sich eine bunte Menge Ecke Bornheimer Landstraße und Luisenstraße in Frankfurt und feiert die Eröffnung der Ökobank. Hinter dem Schalter des hell und übersichtlich gestalteten Büros drängeln sich die Leute um die Ehre, die ersten Sparkonten eingerichtet zu haben. Eine große Glaswand trennt hier das mit modernen Computeranlagen eingerichtete Büro vom Publikumsverkehr. Bis die letzten Kabel in der Decke verschwunden sind, wird es noch einige Zeit dauern, aber das stört keinen der Besucher, die es sich im Bürobereich gemütlich gemacht haben. Wolfgang Roth, stellvertretender SPD–Fraktionsvorsitzender und Aufsichtsrat–Mitglied der Ökobank, steht hinter dem Banktresen und arbeitet mit. Er hatte sich zuvor, so witzelt Jo Müller, „erfolgreich gewehrt, wie alle anderen eine Sonnenblume anzustecken, um Assoziationen mit den Grünen zu vermeiden“. Aber Ökobanker Torsten Martin korrigiert: „Nee, nee, die hat bloß nicht ins Knopfloch gepaßt.“ Die Stimmung ist gelöst, man ist froh, es endlich geschafft zu haben. Auch der Mann vom Feinkostladen gegenüber findet seine Nachbarn in Ordnung. „Die arbeiten da drüben schon eine Weile. Wir haben guten Kontakt.“ Viel Prominenz ist angetreten. Vertreter der etablierten Landeszentral– und der Bundesbank, Künstler und natürlich Politiker heben das obligatorische Sektglas. Sozialdemokrat Ernst Weltecke hofft, „daß das Unternehmen Erfolg hat, lange genug hats ja gedauert.“ Auf der Straße genießen bei strahlendem Sonnenschein knapp tausend Menschen die Gina Livingstone Band, eine von vielen, die an diesem Tag unentgeltlich spielen, weil sie das Projekt unterstützen wollen. Freunde der Ökobank, die selbst in Alternativprojekten arbeiten, haben die Bewirtung übernommen. An den Ständen gibt es Bratwurst mit Vollkornbrötchen, Kräuterbutterbrot und Kuchen. Die Tische und Bänke sind dauernd belegt. Ein junger Postbeamter ist noch skeptisch: „Erst mal sehen, ob das nicht auch solche Geldhaie sind.“ Gerd Knebel, Sänger bei der Hessen–Combo Flatsch, hat bei der Konteneröffnung mitgeholfen. Er findet „vor allem die Möglichkeit, daß sich jeder mit seinen Sparbriefen genau überlegen kann, ob er ein Frauen–, Dritte Welt– oder sonst ein Projekt unterstützen will, positiv“. Grund genug für ihn, demnächst selbst ein Konto zu eröffnen. Jo Müller (Gründungsmitglied der Grünen, Ex–MdB und Mitarbeiter beim Bankprojekt) ist schon wieder auf dem Sprung. Mitten ins Fest hat man noch eine Aufsichtsratssitzung gelegt. Für ihn ist die Ökobank „von den vielen Sachen, die ich bisher gemacht habe, das, was den meisten Spaß gemacht hat“. Zu den Kritikern meint Müller: „Ja, die gab es in der Szene. Wir haben versucht, den Aufsichtsrat entsprechend zu besetzen, und mittlerweile ist die Kritik ziemlich verstummt.“ In etwa zwei Jahren sollen Bankfilialen in anderen Städten eröffnet werden. Einstweilen muß man sich noch mit der regionalen Genehmigung begnügen. Jo Müller wünscht sich noch eine zusätzliche Stelle in der Bank, die die Beratungstätigkeit „in Sachen Staatsknete und EG– Gelder übernimmt, damit finazielle Mittel für die unterschiedlichsten Leute auch aus anderen Quellen kommen“. Torsten Martin kommentiert die bisherige Arbeit knapp: „Das war die Kür, jetzt kommt die Pflicht.“ Antje Friedrich