Vor ihnen die Mühen der Ebene

Nach vier Jahren intensiver Vorarbeit hat die erste Genossenschaftsbank, die aus den Neuen Sozialen Bewegungen entstanden ist, alle formalen Barrieren überwunden, mit denen die bundesdeutsche Banken–Zunft zum größeren Teil sich und zum kleineren die Kundschaft schützt. Bei Geschäftsaufnahme präsentiert sich die Alternativ–Bank als absolut solide Unternehmensgründung: In einem 240 Seiten starken Konvolut ist die „Konzeption der Ökobank e.G.“ (letzteres steht für „eingetragene Genossenschaft“) nachzulesen, die zwei Geschäftsführer, der 51jährige Franz Lässig und der 39jährige Hans–Peter Schreiner wurden vom höchsten Aufsichtsgremium für die Bankengemeinde durchleuchtet und akzeptiert, und schließlich geht ein achtköpfiges (drei weibliche und fünf männliche) Team an die Arbeit, das die Profession von der Pike auf gelernt hat. Entstanden ist die Idee einer alternativen Bank im Umkreis der Friedensbewegung aus einem Boykottaufruf gegen Geldinstitute mit durchsichtigen Rüstungs– und Südafrika–Connections. Anständige Sparer wollten eine anständige Geschäftpolitik ihrer Bank - weil es die nicht gab, mußte gegründet werden. Der Minimalkonsens war klar: keinen Pfennig für Waffengeschäfte und für Kernkraft, stattdessen eine gezielte Förderung von Umweltprojekten und selbstverwalteten Betrieben. Am 17. März wurde dann der Verein „Freunde und Förderer der Ökobank“ gegründet. Es zeigte sich, daß die Sache mit dem Geld gar nicht der schwierigste Faktor bei einer Bankengrün dung sein muß, zumal der Beitritt zur Genossenschaft schon mit 100 Mark möglich ist. Ende 1986 konnten die Ökobank–Initiatoren melden, daß die finanziellen Voraussetzungen erfüllt seien, und bis zur Geschäfstaufnahme haben sich immerhin siebeneinhalb Millionen Mark auf einem Treuhänderkonto gesammelt. Um die institutionellen Voraussetzungen für den Bankbetrieb mußte danach noch über ein Jahr weitergerungen werde. Das Gesetz über das Kreditwesen und auch das Genossenschaftsgesetz schreiben definitive Voraussetzungen für Aufnahme und Zulassung vor. Mehrfach mußten die Ökobanker ihre Konzeption verändern. Während Torsten Martin, zuständig für die Öffentlichkeit bei der Ökobank, dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen in Berlin rückblickend einen „fairen Umgang“ bescheinigt, erinnern die Erfahrungen mit dem zweiten Sparringpartner in Sachen Institutionalisierung, dem Bundesverband der Volks– und Raiffeisenbanken, eher an eine ungute „Beziehungskiste“. Die Alt–Genossen waren den Newcomern gegenüber äußerst skeptisch, bescheinigten ihnen schließlich im Oktober 1987 ein solides Konzept, nahmen sie aber bisher nicht in den gemeinsamen Einlagensicherungsfonds auf. Aufgefangen wurde dieses Manko vom Frankfurter Team durch eine Selbstbeschränkung ihres Kredittopfes. Nachdem am 8.März dieses Jahres endlich die Zulassung durch das Berliner Aufsichtsamt kam, kann nun endlich der Betrieb anlaufen. Schon vor Beginn des Geschäftsbetriebes hatten sich von der ökologischen Baustoff– bis zur ökologischen Weinhandlung täglich bis zu 10 Interessenten gemeldet. Mittlerweile liegen 60 Kreditanträge vor, und die Prognose ist steil nach oben gerichtet. Hauptanliegen in der ersten Phase ist es deshalb, den Kredittopf der Bank zu erhöhen. Die Zauberformel hierfür ist „Zinsverzicht“. Unter den Anlegern soll dafür geworben werden, einen Teil ihrer Zinsen in einen Projekt–Pool der Ökobank fließen zu lassen, aus dem dann einzelne Projekte mit Krediten zu besonders niedrigen Zinsen versorgt werden. Auch wenn das Ökobank–Team selber ganz zuversichtlich auf die Geschäftsentwicklung schaut, für einen Teil der Szene haben sich die Frankfurter Profis ganz erheblich von den Ausgangsüberlegungen des Konzepts entfernt. Über Vergabe–Kriterien, die zukünftige Rolle des Unterstützer–Vereins und auch über das Konzept zum Aufbau zukünftiger Zweigstellen wird es noch Auseinandersetzungen geben. Das letzte Programm des Szene–Kabaretts „Die drei Tornados“ beschreibt die Zukunft „echt ätzend“: In einem Sketch lassen sie zwei Autonome mal kurz die Ökobank überfallen. Es ist eben immer noch nicht endgültig bewiesen, daß es leichter wäre, eine Bank zu gründen als eine auszurauben. Georgia Tornow