Programmgemäße Kreuzberg–Randale

■ Ein Jahr danach dominiert der Wiederholungszwang / 134 Festnahmen und etwa 100 Verletzte

Berlin (taz) - Berlin–Kreuzberg war am 1.Mai - programmgemäß - erneut Schauplatz heftiger Randale. Nach einer friedlich verlaufenen Demonstration, an der sich mehr als 6.000 Menschen beteiligt hatten, und nachdem auch das traditionelle Kreuzberger 1.Mai–Fest friedvoll zu Ende gegangen war, kam es bei Anbruch der Dunkelheit zu ersten Zwischenfällen. Ein Maifeuer aus Plastikbechern und Mülltüten wurde von der Feuerwehr in Begleitung der Polizei gelöscht. Dabei flogen die ersten Steine. Im Laufe der Nacht loderten dann immer wieder kleine Feuer, Autos wurden umgestürzt, kleine Barrikaden gebaut, Verkehrsschilder geknickt, Scheiben klirrten, Steine flogen. Bis drei Uhr morgens waren 1.500 Polizeibeamte in Uniform und unzählige in Zivil im Einsatz. Die Bilanz der Nacht: 134 Festgenommene, 34 mit westdeutschem Paß, 54 verletzte Polizisten, vermutlich ebensoviele verletzte DemonstrantInnen, viele mit Schädelverletzungen und Prellungen durch Schlagstöcke. Die Dramaturgie von beiden Seiten war perfekt. Keiner wollte die Randale, doch geredet wurde seit einer Woche von nichts anderem. Das Datum war magischer Anziehungspunkt, auch aus Westdeutschland hatten sich Fahrgemeinschaften gebildet. Die 300 bis 500 Akteure waren die Ausgegrenzten, die Under– Dogs, die in dieser Nacht ohne Vermummung und betrunken ins Messer der Polizeitaktik liefen. Reportage Seite 5