Fährstreik weitet sich aus

■ Die drohende Beschlagnahmung des Gewerkschaftsvermögens stärkt den Widerstand der britischen Seeleute / Reederei will Konkurrenzfähigkeit mit Kanaltunnel erzwingen

Aus London Rolf Paasch

Der Versuch der britischen Reederei P&O, den dreimonatigen Streik des Fährpersonals in Dover durch den Einsatz von Streikbrecher–Fähren zu unterlaufen, hat unter den britischen Seeleuten zu einer weitergehenden Solidarisierung mit den Streikenden geführt. Am Dienstag befanden sich bereits 5.000 der rund 20.000 Mitglieder der Seeleute–Gewerkschaft NUS im Ausstand, der sich von Dover mittlerweile auf 17 Häfen ausgeweitet hat. Einige Streikbrecher hatten sich bereits am Montag wieder den Streikposten angeschlossen, nachdem sie das Operieren von zwei mit unorganisierten und unerfahrenen Seeleuten bemannten Fähren zwischen Dover und Zeebrugge als fahrlässig kritisiert hatten. Auch 250 der rund 1.000 Seeleute, die ursprünglich die neuen Arbeitsverträge mit P&O akzeptiert hatten, haben ihre Zustimmung übers Wochenende wieder zurückgenommen. Die Reederei will mit ihrer starren Haltung in dem Arbeitskampf rund 360 Entlassungen sowie verlängerte Arbeitszeiten durchsetzen, um sich auf die Konkurrenz mit dem Kanaltunnel vorzubereiten, der 1993 eröffnet werden soll. Von der für Dienstag nachmittag erwarteten Beschlagnahmung des Gewerkschaftsvermögens durch ein Londoner Gericht erwarten die Streikenden in Dover einen neuen Solidarisierungseffekt, die Optimisten unter ihnen gar den Beginn eines nationalen Seeleute–Streiks. Nach den von der Regierung Thatcher eingeführten Anti–Gewerkschaftsgesetzen sind solche Solidaritäts– Streiks illegal und können mit hohen Geldstrafen und der Beschlagnahmung des gesamten Gewerkschaftsvermögens bestraft werden.