Isabel Jacob verurteilt

■ Viereinhalb Jahre Freiheitsstrafe für Messe–Anschlag / Strafkammer aufgrund von Indizien von Schuld überzeugt

Hannover (dpa) - Zu viereinhalb Jahren Freiheitsstrafe hat eine Strafkammer des Landgerichts Hannover am Montag die 27jährige Isabel Jacob verurteilt. Nach Auffassung der Richter war Frau Jacob an dem Anschlag auf ein Verwaltungsgebäude der Hannover–Messe AG am 1.Juni 1985 beteiligt, bei dem der Haupttäter, der 37jährige Kfz–Schlosser Jürgen Pemöller, ums Leben kam. In der Urteilsbegründung räumte der Vorsitzende Richter ein, daß der einjährige Prozeß keine eindeutigen Zeugenaussagen zur Mittäterschaft von Frau Jacob erbracht habe. Dennoch zeigte sich die Strafkammer von der Schuld der Angeklagten überzeugt und ging mit dem Urteil um sechs Monate über den Antrag des Staatsanwalts hinaus. Die Verteidigung, die auf Freispruch plädiert hatte, kündigte inzwischen Revision an. Mit einem Freispruch endete dagegen der Prozeß gegen die beiden 27 und 25 Jahre alten Mitangeklagten. Sechs Monate auf Bewährung wegen fahrlässiger Weitergabe von Sprengstoff und Übungsgranaten erhielt ein 33jähriger ehemaliger Zeitsoldat, der als einziger Angeklagter zur Sache ausgesagt und Pemöller belastet hatte. Der Anschlag, bei dem mit einem zur Fünf–Kilo–Bombe umgebauten Feuerlöscher vermutlich das Rechenzentrum der Messe AG getroffen werden sollte, wie Richter Hauke Bielung meinte, verursachte einen Sachschaden von 25.000 Mark. Im Anschluß daran waren Bekennerschreiben mit den Unterschriften „Wirtschaftswunderkinder“ und „Die Unausstehlichen“ aufgetaucht. Eine Anklage der Bundesanwaltschaft wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung (§ 129a) wies das Oberlandesgericht Celle im Mai 1986 ab. Zuvor hatte das OLG den Haftbefehl gegen Isabel Jacobs nach neun Monaten aufgehoben. Während die Verteidigung keine schlüssigen Beweise für die Schuld der Angeklagten erbracht sah, stützte sich das Gericht auf eine Reihe von Indizien und die Tatsache, daß der Getötete und Frau Jacob eng miteinander befreundet waren. In einem von ihr angemieteten Keller seien später Sprengstoff, Übungsmunition und Bekenner–Schreiben gefunden worden. Außerdem habe sich Frau Jacobs verdächtig gemacht, als sie am Tag nach dem Anschlag für kurze Zeit untertauchte.