Prozeß um Anne Franks Tagebuch

Hamburg (taz) - Vor dem Hamburger Landgericht als Berufungsinstanz begannen Neonazis gestern erneut um die Echtheit der Tagebücher von Anne Frank zu feilschen, die als Jüdin im Alter von 15 Jahren im KZ Bergen–Belsen von den Nazis umgebracht worden war. Dem 83jährigen Rentner Ernst Römer, vertreten durch den bekannten Nazi–Anwalt Jürgen Rieger, und dem 58jährigen NS–Aktivist Edgar Geiss wird üble Nachrede vorgeworfen, weil sie ein Flugblatt verteilt hatten, in dem der Vater von Anne Frank der Fälschung des Tagebuchs bezichtigt wurde. Otto Frank ist der einzige Überlebende der jüdischen Familie, die bis zu ihrer Entdeckung durch die Nazi–Häscher in einem Versteck eines Amsterdamer Hinterhauses lebte. Die Verhandlung in der zweiten Instanz war vor knapp zehn Jahren ausgesetzt worden, weil das Gericht Gutachten zur Echtheit des Tagesbuchs u.a. aus dem Amsterdamer „Reichsinstitut für Kriegsdokumentation“ abwarten wollte. Diese liegen nun vor, außerdem will die Kammer in den nächsten Prozeßtagen verschiedene Zeugen und Sachverständige hören. Nazi–Anwalt Rieger hat seinerseits angekündigt, mit verschiedenen Anträgen die Fälschung beweisen zu wollen. Der Angeklagte Geiss sprach gar davon, daß „dieses Denkmal, wie alle anderen antideutschen, eines Tages stürzen“ werde. Das Verfahren gegen ihn wurde im übrigen abgetrennt, weil er wegen fortgeschrittenen Lymphknotenkrebses nicht verhandlungsfähig sei. usche