Europas Autolobby will dicke Luft

■ Verband der Europäischen Autohersteller will über EG–Richtlinien deutsche Smogverordnung kippen: Verstoß gegen europäisches Recht / Entscheidung noch nicht gefallen / Töpfer beharrt auf bisheriger Regelung

Berlin (ap/taz) - Die Umweltpolitik der Europäischen Gemeinschaft droht einmal mehr, kleine Fortschritte in der Bundesrepublik zunichte zu machen. Auf Initiative des Verbandes der Europäischen Autohersteller (CLCA) soll die Muster–Smogverordnung ausgehebelt werden, die die Umweltminister von Bund und Ländern Ende vergangenen Jahres verabschiedet haben. In der Musterverordnung, die ein Teil der Bundesländer bereits vorab in Kraft gesetzt hatte, ist für den Fall der Smog–Alarmstufe II ein Fahrverbot in den Innenstädten vorgesehen. Davon ausgenommen sind nur Elektrofahrzeuge und Autos mit geregeltem Dreiwegekatalysator. Dieselfahrzeuge und Pkws mit ungeregeltem Katalysator gelten zwar in der Bundesrepublik und künftig auch in der EG ebenfalls als „schadstoffarm“. Bei dicker Luft dürfen aber auch sie nach der Bund–Länder–Verordnung nicht fahren. Die europäische Autolobby hält dies für eine Diskriminierung und einen Verstoß gegen das europäische Recht. Die EG–Kommission in Brüssel reagierte prompt auf die Beschwerde der europäischen Autolobby und schickte eine „begründete Stellungnahme“ gegen die bundesdeutsche Smogverordnung an das Bonner Umweltmini sterium. Unter gesundheitlichen Gesichtspunkten sei nur bei Autos mit Dreiwegekatalysator eine Ausnahmegenehmigung vertretbar, wehrt sich Marlene Mühe, Sprecherin des Umweltministers, gegen den Vorstoß aus Brüssel. Im Hause Töpfer glaubt man, daß die EG–Kommissare hinter jeder nationalen Umweltschutzmaßnahme erst einmal unlautere Motive zum Schutz der einheimischen Industrie vermuten. So auch in diesem Fall. Doch auch die bundesdeutsche Autoindustrie wittert anläßlich der Initiative auf europäischer Ebene Morgenluft. „Entweder läßt man die EG platzen und kündigt die europäischen Verträge, oder man hält sich daran“, kommentiert Winfried Grzenia vom in Frankfurt ansässigen Verband der Automobilindustrie (VDA). Der VDA habe immer vor einem bundesdeutschen Alleingang gewarnt. Für den ökologisch orientierten Verkehrsclub der Bundesrepublik Deutschland (VCD) ist das Vorgehen der Autolobby „alarmierend und ein Beweis dafür, wer in Europa die Politik bestimmt“. Der VCD–Vorsitzende Helmut Röscheisen schlägt vor, bei Smogalarm auch Wagen mit Dreiwegekatalysator in die Garage zu verbannen, um so den Vorwurf der Diskriminierung ins Leere laufen zu lassen. gero