24 Haftbefehle nach Kreuzberger Nacht

■ Auch taz–Redakteur in Untersuchungshaft / Polizei– Sondereinsatztruppe macht wieder von sich reden

Aus Berlin Brigitte Fehrle

Unter den insgesamt 134 Festgenommenen der Mai–Randale in Berlin–Kreuzberg ist auch der Medien–Redakteur der taz, Wiglaf Droste. Gestern wurde gegen ihn Haftbefehl erlassen. Weil er angeblich keinen festen Wohnsitz hat, blieb er in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen, aus einer Menge heraus einen Stein geworfen zu haben. Gegen 24 der 134 Festgenommenen wurde Haftbefehl erlassen. Die Vorwürfe lauten auf schweren Landfriedensbruch, schwere Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt. 18 von ihnen erhielten Haftverschonung, sechs blieben in Untersuchungshaft. Wie berichtet, hatten im Anschluß an das traditionelle 1.Mai– Fest in Kreuzberg Gruppen an mehreren Stellen kleine Feuer angezündet. Die Polizei war bei den Löscharbeiten mit Steinen und Flaschen beworfen worden. Auch mit Stahlkugeln soll geworfen worden sein. Das hatte einen äußerst harten Polizeieinsatz der Sondereinsatztruppe (EbLT) zur Folge, die mit Schlagstöcken teilweise wahllos auf Unbeteiligte einprügelte. Auch die große Zahl der Verletzten - nach Angaben der „Autonomen Sanitäter“ bis zu 50 - geht auf das Konto der EbLT. Fortsetzung Seite 2 Kommentar Seite 4 Der „Ermittlungsausschuß“, eine Initiative engagierter, rechtserfahrener Leute, berichtete gestern von schweren Schädelverletzungen und einem Schädelbasisbruch bei Demonstranten. Zwei Jugendliche seien so schwer verletzt worden, daß sie auf der Intensivstation hätten behandelt werden müssen. Ein Mann habe angegeben, er sei in einem Mannschaftswagen gezwungen worden, sich nackt auszuziehen und sei dann von Beamten mißhandelt worden. Insgesamt 53 Polizeibeamte, fast alle Angehörige der Sondereinheit, erlitten Verletzungen. Größtenteils soll es sich um Prellungen handeln, die von Steinwürfen herrühren. Die Sondereinsatztruppe EbLT wurde von Berlins Innensenator Kewenig nach dem letzten 1.Mai eingerichtet und mit 64 Beamten besetzt. Mehr als zwei Drittel von ihnen sind zwischen 20 und 25 Jahre alt und haben eine Spezialausbildung in Selbstverteidigungs– und Festnahmetechniken. Ihre Aufgabe ist es, sogenannte „beweissichere Festnahmen“ zu machen. Die EbLT war bereits im letzten Jahr bei der Anti–Reagan– und der Demonstration gegen die Tagung der Mun–Sekte in Berlin eingesetzt worden. Außerdem hatte sie für Negativ–Schlagzeilen gesorgt, als sie im Oktober in Wackersdorf eingesetzt war. Selbst bei der bayerischen Polizei war das brutale Vorgehen der Sondertruppe auf Kritik gestoßen.