Totgeglaubter verwirrt Managua

■ Falschmeldung von Radio Catolica über den angeblichen Tod eines verhafteten Gewerkschafters sorgte für Aufregung / Jetzt darf der Sender eine Woche lang keine Nachrichten verbreiten

Aus Managua Ralf Leonhard

In der bescheidenen Hütte der Familie Blandon am Rand des Mercado Oriental, des größten Markts und Schwarzmarkts von Managua, traten sich am Dienstag die Journalisten auf die Füße. Der konservative Kirchensender Radio Catolica hatte gemeldet, Rafael Blandon sei tot, und da er am Tage zuvor festgenommen worden war, verbreitete sich schnell das Gerücht, der Gewerkschafter sei in Polizeigewahrsam zu Tode geprügelt worden. Doch während die Journalisten den schon aufgestellten Sarg ablichteten, präsentierte ihn Innenminister Borge der Öffentlichkeit. Gleichzeitig gab er bekannt, Radio Catolica dürfe eine Woche lang keine Nachrichten mehr senden. Im Zentrum der innenpolitischen Debatte Nicaraguas steht seit Tagen der Hungerstreik von 37 Bauarbeitern, die mit ihrer Aktion auf den nun schon zwei Monate währenden Ausstand von 3.000 Kollegen aufmerksam machen wollen. Als sich am Dienstag die Gewerkschaftsführer an die versammelte Presse richten wollten, schritt die Polizei sofort wegen „Störung der öffentlichen Ordnung“ ein. Die Generalsekretäre der kommunistischen CAUS, Roberto Moreno, und der christdemokratischen CTN–a, Antonio Jarquin, gaben dennoch Erklärungen ab und wurden prompt abgeführt. Jarquin, der als Abgeordneter der Sozial–Christlichen Partei Immunität genießt, mußte später auf freien Fuß gesetzt werden. Mittlerweile bemüht sich Domingo Sanchez, Abgeordneter der Sozialistischen Partei, um eine Vermittlung zwischen Streikenden und Sandinisten. Sanchez, der unter Somoza neun Jahre hinter Gittern verbracht hat, genießt den Respekt der Sandinisten; andererseits war er lange Zeit Generalsekretär der Bauarbeitergewerkschaft SCAAS, die nun für bessere Löhne streikt.