Alles geheim

„Bis vor zwei Wochen habe ich noch mit aller Überzeugung vertreten, militärische Computersysteme seien sehr viel besser abgesichert als andere“, sagt Jürgen Wiekmann, ein junger Fachfreak vom Hamburger „Chaos Computer Club“ (CCC). „Aber jetzt glaub ich nichts mehr. Das hier stellt den Einbruch in das Netzwerk der NASA, den wir im letzten September bekannt gemacht haben, weit in den Schatten.“ Er blinzelt in die dazu passende Sonne und fährt fort, sein opulentes Frühstück zu vertilgen, denn über der Solidaritätsarbeit für das seit dem 14.März in Pariser U– Haft sitzende CCC–Vorstandsmitglied Steffen Wernery ist es gestern mal wieder spät geworden. „Dieser Superhacker hat aber mit dem Chaos Computer Club nichts zu tun „, stellt Wiekmann ausdrücklich fest. Dennoch ist er besorgt: „Ich würde mich nicht wundern, wenn die Ermittlungsbehörden versuchten, uns diesen Coup anzuhängen - genauso wie sie dem Steffen alle ungeklärten Einbrüche in französische Computer in der letzten Zeit in die Schuhe schieben wollten.“ Bislang allerdings scheint die Sorge unbegründet: „Keinen Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder des CCC“ sieht der Bremer Staatsanwalt Hans–Georg von Bock, der gegen den Hamburger Superhacker ermittelt. Er selbst habe „keinen Kontakt“ mit der Hamburger Staatsanwaltschaft gehabt. Wie dem auch sei - „Datenschutz ist sowieso nicht mit juristischen Mitteln zu realisieren“, befindet Jürgen Wiekmann. Der Computerfan nennt es „verrückt“, daß nun ausgerechnet Mitglieder des CCC, die auf die technischen und gesellschaftspolitischen Dimensionen aufmerksam gemacht haben, juristisch verfolgt werden, im Gegensatz zu Hackern, die sich als solche nicht zu erkennen geben. Mit der Tarnkappe verhüllt rennen aber auch die Experten der Anwenderseite herum. Vergeblich hat sich die taz bei unzähligen Stellen um ein Statement zur Frage bemüht, wie die hiesigen Bundeswehr– oder Nato– Computernetze abgesichert sind oder ob sich dort auch schon die Hacker tummeln. Ein Oberst aus dem Pressestab des Bonner Verteidigungsministeriums mochte nicht einmal den Grund nennen, warum der taz keine Auskunft darüber erteilt wird - so hochgeheim ist alles. „Derjenige, der euch was erzählt, könnte sich gleich eine Kugel in den Kopf schießen“, erklärt ein ziviler Computerexperte die Hartnäckigkeit auf der Hardthöhe. usche INTERVIEW